SK 2018 334 mehrfache Urkundenfälschung, versuchter Betrug, mehrfache üble Nachrede etc. sowie Widerrufsverfahren
Obergericht
des Kantons Bern
2. Strafkammer
Cour suprême
du canton de Berne
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Urteil
SK 18 334/335
Bern, 12. September 2019
Besetzung Oberrichter Aebi (Präsident i.V.), Oberrichterin Bratschi,
Oberrichter Schmid
Gerichtsschreiberin von Teufenstein
Verfahrensbeteiligte A.__
amtlich verteidigt durch Fürsprecherin B.__
Beschuldigte/Berufungsführerin
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, Postfach 6250, 3001 Bern
und
C.__
vertreten durch Fürsprecher Dr. iur. D.__
Strafund Zivilklägerin
Gegenstand mehrfache Urkundenfälschung, versuchter Betrug, mehrfache üble Nachrede etc. sowie Widerrufsverfahren
Berufung gegen das Abwesenheitsurteil des Regionalgerichts Oberland (Einzelgericht) vom 16. Mai 2017 (PEN 2015 209)
Erwägungen:
I. Formelles
Erstinstanzliches Urteil
Das Regionalgericht Oberland (Einzelgericht) erkannte mit Abwesenheitsurteil vom 16. Mai 2017 Folgendes (pag. 974 ff.):
I.
A.__ wird freigesprochen:
1. von der Anschuldigung des Diebstahls, angeblich begangen zwischen dem 14.10.2012 und 06.12.2012 in E.__, z.N. F.__
2. von der Anschuldigung des Vergehens gegen das Jagdgesetz, angeblich begangen am 04.02.2014 und zuvor
unter Auferlegung der anteilsmässigen Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 2‘925.00 (Gericht CHF 825.00 und Staatsanwaltschaft CHF 2‘100.00), Auslagen von CHF 65.50 (Gericht CHF 53.00 und Staatsanwaltschaft CHF 12.50), insgesamt bestimmt auf CHF 2‘990.50, an den Kanton Bern.
Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 200.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 2‘790.50.
Für die amtliche Verteidigung von A.__ wird Fürsprecherin B.__ eine Entschädigung von CHF 4‘595.10 (inkl. MWST und Auslagen) ausgerichtet.
I.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. der Urkundenfälschung, mehrfach begangen in der Zeit zwischen 23.04.2013 und 26.07.2013 in G.__ und H.__, z.N. C.__
2. des Betrugs, versucht begangen am 29.01.2014 in G.__ und H.__, z.N. C.__
3. der üblen Nachrede, mehrfach begangen am 18.01.2014 und am 02.03.2014 in I.__ und H.__, z.N. F.__
4. der Nötigung, versucht mehrfach begangen am 18.01.2014 und 02.03.2014 in I.__ und H.__, z.N. J.__ und K.__
II.
A.__ wird
in Anwendung der Artikel
22, 34, 43, 47, 49 Abs. 1 und 2, 63, 146 Abs. 1, 173 Ziff. 1, 181, 251 Ziff. 1 StGB
426 ff. StPO
verurteilt:
1. Zu einer Geldstrafe von 235 Tagessätzen zu CHF 30.00, ausmachend total CHF 7‘050.00, als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus vom 04.05.2017.
Davon sind 100 Tagessätze zu bezahlen. Bei 135 Tagessätzen wird der Vollzug aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.
2. Zu den anteilsmässigen Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 8‘775.00 (Gericht CHF 2‘475.00 und Staatsanwaltschaft CHF 6‘300.00), Auslagen von CHF 196.50 (Gericht CHF 159.00 und Staatsanwaltschaft 37.50), insgesamt bestimmt auf CHF 8‘971.50.
Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 600.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 8‘371.50.
3. A.__ hat der Privatklägerin C.__ eine Entschädigung von CHF 13‘792.20 (Parteientschädigung inkl. MWST und Auslagen, zzgl. Umtriebsentschädigung von CHF 500.00) für ihre Aufwendungen im Verfahren zu bezahlen.
III.
[amtliche Entschädigung]
IV.
1. Der A.__ mit Urteil der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm vom 07.08.2012 für eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 40.00 gewährte bedingte Vollzug wird nicht widerrufen.
2. Die Verfahrenskosten für das Widerrufsverfahren von CHF 300.00 werden A.__ auferlegt.
Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduzieren sich die Verfahrenskosten um CHF 150.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 150.00.
V.
Weiter wird verfügt:
Folgende Gegenstände werden A.__ nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückgegeben:
• 1 iPhone 4S weiss, inkl. Ladekabel und Netzstecker
• 1 USB Stick
[Eröffnungund Mitteilungsformel]
Berufung
Gegen das erstinstanzliche Abwesenheitsurteil vom 16. Mai 2017 meldete Fürsprecherin B.__ namens und im Auftrag von A.__ (nachfolgend: Beschuldigte) am 30. Mai 2017 fristgerecht Berufung an (pag. 991).
Mit Eingabe vom 21. August 2018 erklärte Fürsprecherin B.__ für die Beschuldigte formund fristgerecht die Berufung (pag. 1165 ff.) und ersuchte um Einsetzung als amtliche Verteidigerin im oberinstanzlichen Verfahren (pag. 1147 ff.). Fürsprecherin B.__ richtete die Berufung gegen die Durchführung eines Abwesenheitsurteils durch das erstinstanzliche Gericht und ferner gegen die Schuldsprüche wegen mehrfacher Urkundenfälschung und Betrugsversuchs (Ziff. II.1 und Ziff. II.2 des Urteilsdispositivs; pag. 975) sowie gegen die Bemessung der Strafe und die Kostenund Entschädigungsfolge, soweit diese mit den angefochtenen Schuldpunkten zusammenhängen würden (pag. 1166 f.). Sie beantragte, in Abänderung des angefochtenen Urteils sei die Beschuldigte freizusprechen von den Vorwürfen der mehrfachen Urkundenfälschung und des Betrugsversuchs. Der auf die Freisprüche entfallende Anteil an den Verfahrenskosten sei dem Kanton Bern aufzuerlegen und die Verurteilung zur Bezahlung einer Parteientschädigung an die Privatklägerin sei aufzuheben. Ferner sei der Beschuldigten für die auf die Freisprüche entfallenden Aufwendungen für die angemessene Ausübung der Verteidigungsrechte eine angemessene Entschädigung zu bezahlen (pag. 1166 f.).
Mit Verfügung vom 22. August 2018 bestätigte die Verfahrensleitung insbesondere die Beiordnung von Fürsprecherin B.__ als amtliche Verteidigerin der Beschuldigten für das oberinstanzliche Verfahren (pag. 1234 f.).
Die Generalstaatsanwaltschaft verzichtete mit Eingabe vom 3. September 2018 auf die Teilnahme am oberinstanzlichen Verfahren (pag. 1238 f.).
Mit Schreiben vom 13. September 2018 teilte Fürsprecher D.__ namens und im Auftrag von C.__ (Strafund Zivilklägerin [nachfolgend: Privatklägerin]) mit, es werde weder Anschlussberufung erklärt noch würden formelle Einwände erhoben (pag. 1242).
Mit Verfügung vom 17. September 2018 forderte die Verfahrensleitung die Parteien insbesondere auf, innert Frist mitzuteilen, ob sie mit der Durchführung eines schriftlichen Verfahrens im Sinne von Art. 406 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) einverstanden seien (pag. 1244 f.).
Fürsprecher D.__ teilte am 15. Oktober 2018 mit, die Privatklägerin sei mit der Durchführung des schriftlichen Verfahrens einverstanden (pag. 1252). Nach gewährter Fristerstreckung erklärte Fürsprecherin B.__ am 19. Oktober 2018 ebenfalls ihr Einverständnis zur Durchführung des schriftlichen Verfahrens (pag. 1254).
Am 22. Oktober 2018 ordnete die Verfahrensleitung die Durchführung des schriftlichen Verfahrens an. Zudem setzte sie der Beschuldigten Frist zur Einreichung der schriftlichen Berufungsbegründung (pag. 1256 f.).
Mit Eingabe vom 12. November 2018 reichte Fürsprecherin B.__ für die Beschuldigte formund fristgerecht die Berufungsbegründung ein (pag. 1276 ff.).
In der Stellungnahme vom 3. Dezember 2018 beantragte Fürsprecher D.__ namens und im Auftrag der Privatklägerin die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils und damit die Abweisung der Berufung (pag. 1291 ff.).
Auf die Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels wurde verzichtet (pag. 1307 f.).
Von Amtes wegen wurden ein Strafregisterauszug, datierend vom 6. November 2018 (pag. 1273 f.), und ein Leumundsbericht, datierend vom 30. Oktober 2018 (pag. 1260 ff.), eingeholt.
Anträge der Parteien
Fürsprecherin B.__ beantragte für die Beschuldigte in der Berufungsbegründung vom 12. November 2018 was folgt (pag. 1276 ff.):
1. Die Beschuldigte sei freizusprechen von den Vorwürfen
1.1 der Urkundenfälschung, angeblich mehrfach begangen in der Zeit zwischen 23. April 2013 und 26. Juli 2013 in G.__ und H.__, zum Nachteil von C.__,
1.2 des Betrugs, angeblich versucht am 29. Januar 2014 in G.__ und H.__, zum Nachteil von C.__.
2. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten seien zufolge der zusätzlichen Freisprüche im Umfang von ¾, ausmachend CHF 8‘971.50 dem Kanton aufzuerlegen. Zudem seien die oberinstanzlichen Verfahrenskosten dem Kanton Bern aufzuerlegen.
3. Entsprechend sei der Berufungsklägerin für die angemessene Ausübung der Verteidigungsrechte im erstinstanzlichen Verfahren eine Entschädigung im Umfang von ¾ der durch die unterzeichnete Anwältin eingereichten Kostennote zu bezahlen. Für das oberinstanzliche Verfahren sei das Honorar der amtlichen Anwältin gemäss beiliegender Kostennote festzusetzen.
4. Die Verurteilung zur Bezahlung einer Parteientschädigung an die Privatklägerin sei aufzuheben.
Fürsprecher D.__ beantragte für die Privatklägerin in der Stellungnahme vom 3. Dezember 2018 Folgendes (pag. 1292):
5. Die Berufung sei abzuweisen;
6. A.__ sei schuldig zu erklären
7. der Urkundenfälschung, mehrfach begangen in der Zeit zwischen 23.04.2013 und 26.07.2013 in G.__ und H.__ zN der C.__;
8. des Betrugs, versucht begangen am 29.01.2014 in G.__ und H.__ z.N. der C.__;
9. A.__ sei zu einer angemessenen Strafe zu verurteilen;
10. A.__ sei zu verurteilen, C.__ für das erstinstanzliche Verfahren einen Parteikostenersatz von Fr. 13‘792.20 zu bezahlen;
11. A.__ sei zur Bezahlung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten zu verurteilen;
12. A.__ sei zu verurteilen, C.__ für das oberinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung zu leisten;
13. A.__ sei zur Bezahlung der oberinstanzlichen Verfahrenskosten zu verurteilen.
Verfahrensgegenstand und Kognition der Kammer
Die Kammer überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO).
Die Beschuldigte richtet die Berufung zunächst gegen die Durchführung eines Abwesenheitsurteils durch die Vorinstanz. Dieser Punkt ist aus Sicht der Kammer im vorliegenden Verfahren nicht mehr Verfahrensgegenstand. Mit Eingabe vom 1. Juni 2017 ersuchte die Beschuldigte um Neubeurteilung des Abwesenheitsurteils der Vorinstanz vom 16. Mai 2017 (pag. 992 ff.). Das (vorliegende) Berufungsverfahren wurde daraufhin bis zum Entscheid über das Gesuch um Neubeurteilung sistiert (pag. 998 und pag. 1171). Mit Entscheid vom 12. September 2017 wies die Vorinstanz das Gesuch um Neubeurteilung ab (pag. 1026 ff.). Diesen Entscheid hätte die Beschuldigte mittels Beschwerde gemäss Art. 393 StPO anfechten können (Maurer, in: Basler Kommentar Strafprozessordnung, 2014, N 4 zu Art. 371). Sie hat dies jedoch unterlassen, womit der (abweisende) Entscheid betreffend Gesuch um Neubeurteilung in Rechtskraft erwuchs und die Sistierung des (vorliegenden) Berufungsverfahrens am 3. Oktober 2017 aufgehoben wurde (pag. 1037 f.). Über die Rechtmässigkeit der Durchführung des erstinstanzlichen Abwesenheitsverfahrens wurde mithin bereits rechtskräftig entschieden, weshalb der diesbezügliche Einwand der Beschuldigten in casu nicht erneut zu behandeln ist.
Weiter ficht die Beschuldigte das erstinstanzliche Urteil insoweit an, als sie wegen mehrfacher Urkundenfälschung und Betrugsversuchs schuldig gesprochen wurde. Das erstinstanzliche Urteil erwuchs folglich insoweit in Rechtskraft als:
• die Beschuldigte freigesprochen wurde von der Anschuldigung des Diebstahls, angeblich begangen zwischen dem 14. Oktober 2012 und 6. Dezember 2012 in E.__ zum Nachteil von F.__ und von der Anschuldigung des Vergehens gegen das Jagdgesetz, angeblich begangen am 4. Februar 2014 und zuvor, inkl. die damit einhergehenden Kostenund Entschädigungsfolgen (Ziff. I.1 und 2 des Urteilsdispositivs; pag. 975),
• die Beschuldigte demgegenüber schuldig erklärt wurde der üblen Nachrede, mehrfach begangen am 18. Januar 2014 und am 2. März 2014 in I.__ und H.__ zum Nachteil von F.__ sowie der Nötigung, versucht mehrfach begangen am 18. Januar 2014 und am 2. März 2014 in I.__ und H.__ zum Nachteil von J.__ und K.__ (Ziff. II.3 und 4 des Urteilsdispositivs; pag. 975),
• der mit Urteil der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm vom 7. August 2012 für eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 40.00 gewährte bedingte Vollzug nicht widerrufen und die Verfahrenskosten für das Widerrufsverfahren von CHF 300.00 der Beschuldigten auferlegt wurden (Ziff. V des Urteilsdispositivs; pag. 977), und
• weiter verfügt wurde, dass ein iPhone 4S weiss, inkl. Ladekabel und Netzwerkstecker sowie ein USB Stick der Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückgegeben werden (Ziff. VI des Urteilsdispositivs; pag. 977).
Nicht rechtskräftig und durch die Kammer zu überprüfen sind demgegenüber die Schuldsprüche wegen mehrfacher Urkundenfälschung und wegen Betrugsversuchs (Ziff. II.1 und Ziff. II.2 des Urteilsdispositivs; pag. 975) sowie die Sanktion inkl. Kostenund Entschädigungsfolgen. Die Kammer hat bei der Überprüfung des Urteils volle Kognition (Art. 398 Abs. 2 StPO). Weil nur die Beschuldigte Berufung erhoben hat, ist die Kammer an das Verschlechterungsverbot gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO gebunden, d.h. sie darf das Urteil nicht zu Ungunsten der Beschuldigten abändern.
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Anklagesachverhalt
Soweit oberinstanzlich noch relevant, wird der Beschuldigten mit Anklage vom 2. September 2015 einerseits vorgeworfen, sich - durch nachfolgend beschriebenes Verhalten zwischen dem 23. April 2013 und dem 26. Juli 2013 in G.__, H.__ und evtl. anderswo der mehrfachen Urkundenfälschung zum Nachteil der Privatklägerin schuldig gemacht zu haben:
Zum einen habe die Beschuldigte einem von ihr ausgearbeiteten und auf den 19. November 2012 (rück-)datierten Vertrag mit dem Titel «Schriftliche Bestätigung des mündlichen und konkludenten Vertrags» (nachfolgend: Vertrag) die kopierte und von ihr zuvor elektronisch gespeicherte Unterschrift der Privatklägerin beigefügt, um die Geschäftsbeziehung zwischen der von ihr geführten «L.__ GmbH» (nachfolgend: L.__ GmbH) und der Privatklägerin beweisen zu können. Weiter habe sie in Ziff. 3 des Vertrages eine Rückzahlungsverpflichtung («Sollte die Vertragspartnerin frühzeitig aus persönlichen Gründen Krankheit aus dem Vertrag zurücktreten, ist sie verpflichtet, sämtliche angefallenen Kosten aus Ausbildung und Kurswesen zurück zu erstatten an L.__ GmbH.») integriert. Sie habe den gefälschten Vertrag im Hinblick darauf erstellt, die Privatklägerin einzuklagen und sich dadurch einen unrechtmässigen finanziellen Vorteil zu verschaffen, nachdem die beiden während Monaten erfolglos über einen Vertragsabschluss verhandelt hätten. Dabei habe die Beschuldigte gewusst, dass die Privatklägerin den entsprechenden Vertrag weder abschliessen noch unterzeichnen werde (Ziff. 1/1.1 der Anklageschrift; pag. 635 f.).
Zum anderen habe die Beschuldigte die E-Mail, welche sie am 24. April 2013 von der Privatklägerin erhalten habe, wie folgt verändert:
• Sie habe folgenden, effektiv von der Privatklägerin geschriebene Text verwendet:
Vorletschti Nacht hani de chli Rueh ka u ha über di ganzi Arbeitssituation nachedänkt.
und den darauffolgenden, ebenfalls tatsächlich von der Privatklägerin geschriebenen Satz;
Weni ganz ehrlech zu mir säuber bi, schaffi dä ganz Arbeitsufwand mit zwöi Ching, so wies mir jitz geit, nid.» [ ]
durch folgende Passage ersetzt:
Und ja, s isch mir klar, das i aui die Kurse u d Uusbildige mue zrüggzahle, we si nid vollumfänglich cha erfülle, über das hei mir mängisch gredt. De tueni dir im verhätnis das zrügggeh, söttis so wiit cho, was i dir schuldig bi. keis thema!
• Weiter habe sie im Hinblick darauf, die Privatklägerin einzuklagen und die gefälschte E-Mail im späteren Verfahren als Beweismittel einreichen zu können und sich einen unrechtmässigen finanziellen Vorteil zu verschaffen oberhalb der E-Mail folgenden Titel eingefügt;
Am 19. Dezember 2013 um 21.32 schrieb C.__ (E-Mailadresse)
um den Anschein zu erwecken, die Privatklägerin habe diese E-Mail tatsächlich an sie gesandt (Ziff. 1/1.2 der Anklageschrift; pag. 636 f.).
Andererseits wurde die Beschuldigte wegen Betrugsversuchs zum Nachteil der Privatklägerin angeklagt. Sie soll am 29. Januar 2014 (= Datum der Klage) in H.__, G.__ und evtl. anderswo wissentlich und willentlich - Rechtsanwältin M.__ (nachfolgend: Rechtsanwältin M.__), den durch sie gefälschten Vertrag, datierend vom 19. November 2012 sowie die durch sie gefälschte E-Mail vom 19. Dezember 2013 (vgl. Erwägung 5.1 hiervor) zugestellt und dieser gegenüber den Anschein erweckt haben, dass es sich dabei um Dokumente handelt, welche die Privatklägerin verfasst bzw. unterzeichnet und sodann an sie (die Beschuldigte) gesandt habe. Demzufolge habe Rechtsanwältin M.__ die Privatklägerin mit Schreiben vom 24. Juli 2013 aufgefordert, ihr gestützt auf den Vertrag, zu Gunsten ihrer Klientin (der Beschuldigten) einen Betrag von CHF 21‘000.00 zu überweisen. Weil sich die Privatklägerin geweigert habe, diese Zahlung zu tätigen, habe die Beschuldigte den gefälschten Vertrag und die gefälschte E-Mail schliesslich durch ihre Rechtsanwältin als Beilagen Nr. 3 und 11 zum Schlichtungsgesuch vom 22. August 2013 an die Schlichtungsbehörde Oberland (Verfahren OL 13 855) einreichen lassen. Sodann habe sie im Verfahren zwischen der L.__ GmbH und der Privatklägerin beim Regionalgericht Oberland (CIV 14 294) den gefälschten Vertrag durch ihre Rechtsanwältin als Beilage Nr. 31 der Klage vom 29. Januar 2014 einreichen lassen. Die Beschuldigte habe damit versucht, den urteilenden Richter durch die als tatsächliche Willenserklärung der Privatklägerin ausgegebenen bzw. als von ihr geistig verfasstes Beweismittel arglistig zu täuschen, ihn in einen Irrtum zu versetzen und zu einem materiell unrichtigen Urteil zu veranlassen und sich so eine Forderung zulasten einer Dritten zusprechen zu lassen. Somit habe sie versucht, sich einen unrechtmässigen Vermögensvorteil zu verschaffen (gemäss Forderungsbetrag der Klage vom 29. Januar 2014 betrug der Deliktsbetrag CHF 52‘803.90; [Ziff. 2 der Anklageschrift; pag. 636 f.]).
Unbestrittener/bestrittener Sachverhalt
Die Beschuldigte bestreitet im Berufungsverfahren nicht mehr, dass die Unterschrift der Privatklägerin auf dem Vertrag vom 19. November 2012 manipuliert ist und somit nicht von der Privatklägerin selbst stammt (S. 4 der Berufungsbegründung; pag. 1279, vgl. ferner pag. 494 f. Ziff. 4.1 [Rapport des KTD], wonach die Unterschrift der Beschuldigten auf dem strittigen Vertrag durch eine Manipulation entstand). Weiter ist unbestritten, dass die Beschuldigte die vorliegend strittigen Dokumente (Vertrag und E-Mail) im Mai/Juni 2013 per E-Mail an ihre damalige Anwältin, Rechtsanwältin M.__, sandte (pag. 42 ff., pag. 63 ff., pag. 82 f., pag. 133 ff., pag. 142, pag. 159 und pag. 310 Z. 74 ff.).
Bestritten ist demgegenüber gemäss Berufungsbegründung nach wie vor, dass die Beschuldigte den Vertrag manipulierte, konkret, dass sie in Ziffer 3 des Vertrages eine Rückzahlungsverpflichtung integrierte und die Unterschrift der Privatklägerin ohne deren Einwilligung mittels technischer Mittel auf dem Vertrag einfügte. Weiter ist bestritten, dass die Beschuldigte die originale E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 inhaltlich abänderte und auf den 19. Dezember 2013 umdatierte. Schliesslich dementiert die Beschuldigte, den Vertrag und die E-Mail im Hinblick auf die Geltendmachung ihrer unrechtmässigen Forderung gegenüber der Privatklägerin verändert resp. wahrheitswidrig hergestellt und Rechtsanwältin M.__ zugestellt zu haben, damit diese die Dokumente als Gesuchsbeilagen der Schlichtungsbehörde resp. den Vertrag als Klagebeilage dem Regionalgericht einreiche. Die Beschuldigte bestreitet, dass sie mit ihrem Vorgehen versucht habe, das Gericht über den Bestand der fraglichen Forderung gegenüber der Privatklägerin in der Höhe von CHF 52‘803.90 zuzüglich Zins zu täuschen und es dazu zu veranlassen, gestützt auf den erwähnten Vertrag ein materiell unrichtiges Urteil zu Lasten der Privatklägerin auszufällen und ihr (der Beschuldigten) die unrechtmässige Forderung zuzusprechen (S. 8 der Berufungsbegründung; pag. 1283).
Beweismittel
Die Vorinstanz hat die vorhandenen Beweismittel und Einvernahmen zutreffend aufgeführt und zusammengefasst, worauf verwiesen wird (siehe S. 8 - 14 der Urteilsbegründung; pag. 1051 -1057). Weiter wird darauf verzichtet, die schriftlichen Eingaben der Parteien zusammenzufassen und es wird soweit relevant - direkt im Rahmen der Vorbringen der Parteien (Erwägung 9 hiernach) sowie in der Würdigung (Erwägung 10 hiernach) darauf eingegangen. Ferner wird auf die amtlichen Akten verwiesen.
Beweisergebnis der Vorinstanz
Die Vorinstanz erachtete die angeklagten Sachverhalte als erstellt.
Hinsichtlich des Vertrages hielt die Vorinstanz die Aussagen der Beschuldigten zumindest soweit das Kerngeschehen angehend für unglaubhaft. Sie stellte auf die ihres Erachtens zutreffenden Aussagen der Privatklägerin ab und gelangte zum Schluss, die Beschuldigte habe die Unterschrift der Privatklägerin auf dem Vertrag manipuliert, um mutmassliche finanzielle Ansprüche geltend zu machen (zum Ganzen S. 18 Absatz 1 und 3 der Urteilsbegründung; pag. 1061).
Auch betreffend die E-Mail stellte die Vorinstanz insbesondere auf die für glaubhaft befundenen Aussagen der Privatklägerin sowie auf die objektiven Beweismittel ab und gelangte zur Überzeugung, die Beschuldigte habe den Inhalt der E-Mail selbständig abgeändert und dieselbe umdatiert (S. 19 der Urteilsbegründung; pag. 1062).
Schliesslich hielt es die Vorinstanz für erwiesen, dass die Beschuldigte den Vertrag und die E-Mail bewusst veränderte bzw. manipulierte und Rechtsanwältin M.__ zustellte, alles mit Blick darauf, dass diese Dokumente bei der Schlichtungsbehörde und schliesslich beim Regionalgericht landeten. Die Beschuldigte wollte damit gemäss Vorinstanz ihren Standpunkt untermauern resp. ihre vermeintliche Forderung gegenüber der Privatklägerin im Umfang von CHF 62‘513.00 plus Zins (Schlichtung) bzw. von CHF 52‘803.90 plus Zins (Klage) belegen. Das Gericht sollte in einen Irrtum versetzt sowie dazu veranlasst werden, ihr zu Lasten der Privatklägerin die geltend gemachte Forderung zuzusprechen (zum Ganzen S. 20 der Urteilsbegründung; pag. 1063).
Vorbringen der Parteien
Die Beschuldigte macht in der Berufungsbegründung geltend, sie habe weder mit der Fälschung des Vertrages noch mit der Verfälschung der E-Mail etwas zu tun, weshalb sie von den Vorwürfen der Urkundenfälschung und des Betrugsversuchs freizusprechen sei. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen Folgendes aus:
0.0.1 Betreffend den Vertrag hält sie zunächst fest, sie anerkenne, dass die Unterschrift der Privatklägerin auf dem Vertrag nicht von dieser selbst stamme, sondern durch eine technische Manipulation entstanden sein müsse. Sie habe diese Manipulation nicht vorgenommen; sie würde so etwas nie tun und sei entsetzt, dass man ihr ein solches Verhalten vorwerfe (S. 4 Absatz 4 und S. 5 Absatz 2 der Berufungsbegründung; pag. 1279 f.). Sie habe selber mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Unterschrift der Privatklägerin manipuliert sei. Ausserdem sei auch sie durch diese Manipulation geschädigt worden. Als sie den fraglichen Vertrag seinerzeit Rechtsanwältin M.__ gesandt habe, sei sie nämlich davon ausgegangen, es handle sich dabei um ein Original resp. die Unterschrift stamme effektiv von der Privatklägerin. Dies sei aber, wie sich inzwischen herausstellt habe, nicht der Fall gewesen, weshalb sie vor Rechtsanwältin M.__ obwohl sie sich damals keines Fehlverhaltens bewusst gewesen sei - nun als Betrügerin dastehe. Dennoch sei sie dazumal (wie übrigens auch heute noch) davon ausgegangen, gegenüber der Privatklägerin eine Forderung zu haben, welche sie wegen ihrer angespannten finanziellen Lage habe geltend machen wollen (zum Ganzen S. 4 der Berufungsbegründung; pag. 1279). Weil der Vertrag manipuliert gewesen sei, sei ihre Verhandlungsposition im Zivilprozess schliesslich erheblich erschwert und ihre Glaubwürdigkeit als Person im Zivilverfahren nachhaltig untergraben worden (S. 5 der Berufungsbegründung; pag. 1280).
0.0.2 Was die umstrittene E-Mail angeht, hält die Beschuldigte zunächst fest, sie habe deren Inhalt nicht wie in der Anklageschrift beschrieben eigenhändig abgeändert. Sie habe erstmals in der Einvernahme vom 28. November 2014 richtig realisiert, dass offenbar mehrere Versionen einer von der Privatklägerin an sie gerichteten E-Mail bestünden und ihre Verwunderung sogleich zum Ausdruck gebracht, indem sie gesagt habe, dass sie zwar den Inhalt der fraglichen E-Mail kenne, aber nicht sagen könne, ob sie diese am 19. Dezember 2013 erhalten habe (pag. 316 Z. 290). Ausserdem habe sie in derselben Einvernahme erklärt, das Datum der fraglichen E-Mail, d.h. der 19. Dezember 2013, passe eigentlich gar nicht, weil das (wohl die Rückzahlungsverpflichtung) damals noch gar kein Thema gewesen sei (zum Ganzen S. 5 Absatz 6 der Berufungsbegründung; pag. 1280, ferner pag. 317 Z. 315).
Die Privatklägerin gehe völlig fehl, wenn sie argumentiere, die fragliche E-Mail sei nicht in ihrem, d.h. in berndeutschem Dialekt, sondern in ostschweizerischem Dialekt (d.h. demjenigen der Beschuldigten) verfasst. Die Begriffe «Verhäutnis» und «keis» würden eher aus dem «Berndeutschen», mithin dem Dialekt der Privatklägerin, als aus dem ostschweizerischen (d.h. ihrem eigenen) Dialekt stammen. Dass nicht alle Worte in einem als typisch empfundenen Berndeutsch wiedergegeben worden seien, bedeute noch lange nicht, dass die Privatklägerin den fraglichen Text nicht geschrieben habe.
Weiter behaupte sie obwohl sie es nicht gänzlich ausschliessen könne - nicht, dass die Privatklägerin mehrere Textversionen der fraglichen E-Mail verfasst habe, sondern beteuere einzig, dass sie nicht mehr wisse, welche E-Mail sie wann erhalten habe und wer diese letztlich verfasst habe. Sie halte es für möglich, dass der Passus «de tueni dir im Verhäutnis das zrügggeh, söttis so wiit cho, was i dir schuldig bi» Bestandteil der originalen E-Mail der Privatklägerin gewesen sei, weil die Rückzahlungsverpflichtung der Kurskosten zwischen ihr und der Privatklägerin Thema gewesen und von Anfang an mündlich so vereinbart worden sei (zum Ganzen S. 6 Absatz 2 der Berufungsbegründung; pag. 1281).
Die Beschuldigte anerkennt, dass es äusserst merkwürdig erscheint, dass sie Rechtsanwältin M.__ im Sommer 2013 eine E-Mail der Privatklägerin vom 19. Dezember 2013 zugestellt habe, macht aber geltend, sie sei damals mit den ganzen Streitereien völlig überfordert gewesen und habe nicht mehr gewusst, wo ihr der Kopf stehe. Sie habe Rechtsanwältin M.__ zahlreiche Korrespondenz mit der Privatklägerin zur Verwendung weitergeleitet, ohne deren Wichtigkeit zuvor nochmals überprüft zu haben. Dass durch Rechtsanwältin M.__ in der Folge eine gefälschte E-Mail als Beilage zum Schlichtungsgesuch eingereicht worden sei, habe sie nicht gewusst (zum Ganzen S. 6 Absatz 3 der Berufungsbegründung; pag. 1281). Die spätere Behauptung von Rechtsanwältin M.__, die fragliche E-Mail sei versehentlich unter einen falschen Briefkopf kopiert worden, erkläre sie sich wie folgt: Entweder habe Rechtsanwältin M.__ sie (die Beschuldigte) «in Schutz nehmen» und darlegen wollen, dass sie (die Beschuldigte) unabsichtlich etwas falsch gemacht habe Rechtsanwältin M.__ beziehe sich auf einen Fehler, der ihrer Anwaltskanzlei unterlaufen sei. Sofern Ersteres zutreffe, wäre es ihres Erachtens besser gewesen, wenn Rechtsanwältin M.__ sie kontaktiert hätte, zumal sich dann herausgestellt hätte, dass sie (die Beschuldigte) nicht gewusst habe, wie das Datum «19. Dezember 2013» auf die fragliche E-Mail gekommen sei resp. wieso von dieser E-Mail mehrere Versionen existierten. Die gutgemeinte Aktion von Rechtsanwältin M.__ habe ihr insgesamt mehr geschadet als genützt (S. 6 Absatz 4 der Berufungsbegründung; pag. 1281).
Sie selber verfüge ferner nicht über Informatikkenntnisse, die ihr eine Abänderung, wie die in casu fragliche, ermöglicht hätten. Sie habe im Tatzeitpunkt vielmehr einen Informatikverantwortlichen beauftragt gehabt, der die E-Mail Accounts jeweils erstellt, bei Bedarf mutiert und gelöscht sowie die erforderlichen Passwörter vergeben habe. Sie habe weder über das Passwort des E-Mail Accounts der Privatklägerin noch über deren elektronische Unterschrift verfügt (S. 7 Absatz 1 der Berufungsbegründung mit Hinweisen; pag. 1282).
Schliesslich wirft die Beschuldigte der Vorinstanz vor, sie vorverurteilt zu haben, indem sie in der Urteilsbegründung auf S. 19 erwogen habe: « was die Argumentation der Beschuldigten betreffend das versehentliche Kopieren zusätzlich entkräftet.». Sie habe nämlich nie argumentiert, etwas versehentlich kopiert zu haben, sondern sei es vielmehr Rechtsanwältin M.__ gewesen, welche diese Argumentation im Zivilprozess verwendet habe. Die Aussagen von Rechtsanwältin M.__ könnten ihr im Strafverfahren nicht angelastet werden, weil diese nie für das Strafverfahren mandatiert gewesen sei (S. 7 der Berufungsbegründung; pag. 1282).
0.0.3 Im Übrigen sei sie sich, als sie Rechtsanwältin M.__ die fraglichen Dokumente (Vertrag und E-Mail) übergeben habe, nicht bewusst gewesen, dass es sich dabei um Fälschungen handle. Heute bereue sie diese Übergabe zwar, sei aber nach wie vor der Ansicht, gegenüber der Privatklägerin eine Forderung zu haben. Sie habe der Privatklägerin Ausbildungen bezahlt und diese habe zumindest mündlich - die Rückzahlung dieser Ausbildungskosten versprochen. Sie könne heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob diesbezüglich zusätzlich schriftliche Vereinbarungen existierten. Jedenfalls habe sie das Gericht sicherlich nicht dazu bringen wollen, ein unrichtiges Urteil zu fällen, sondern vielmehr beabsichtigt, ihr Recht durchzusetzen «und dies sicher nicht mit illegalen Mitteln» (S. 8 Absatz 2 ff. der Berufungsbegründung; pag. 1283).
Die Privatklägerin bestreitet demgegenüber in ihrer Stellungnahme zur Berufungsbegründung, den fraglichen Vertrag unterzeichnet und die strittige E-Mail vom 19. Dezember 2013 verfasst zu haben (S. 5 N 14 der Stellungnahme; pag. 1295). Die Vorgeschichte, der Ablauf der Ereignisse und weitere Umstände liessen keine Zweifel offen, dass die Beschuldigte den Vertrag und die E-Mail manipuliert habe.
0.0.4 Zur Vorgeschichte hinsichtlich des Vertrages führt die Privatklägerin aus, sie und die Beschuldigte hätten sich bei einem N.__ (Kurs) kennengelernt. Die Beschuldigte habe damals ein Geschäft in G.__ betrieben und sie angefragt, ob sie in diesem Geschäft arbeiten wolle. Sie hätten dann einen befristeten Arbeitsvertrag von Februar 2012 bis Januar 2013 geschlossen, den sie beide unterzeichnet hätten (pag. 61 f.). Im Sommer 2012 habe die Beschuldigte sie sodann gefragt, ob sie im Bereich N.__-Kurse tätig werden wolle, woraufhin sie (die Privatklägerin) im Hinblick auf diese «neue» Tätigkeit drei Ausbildungskurse absolviert habe. Zwei dieser Kurse habe die Beschuldigte finanziert, einen sie selber. Das Ganze sei auf kollegialer Basis verlaufen. Ende Oktober 2012 habe die Beschuldigte schliesslich überraschend ihr Geschäft in G.__ geschlossen und sie gebeten, bei der Räumung zu helfen (S. 4 f. N 4 der Stellungnahme; pag. 1293 f.).
Am 19. November 2012 habe ihr die Beschuldigte kommentarlos eine E-Mail von O.__ weitergeleitet, in deren Anhang sich ein Entwurf eines Zusammenarbeitsvertrages sowie ein Betriebsreglement befunden hätten. Weil in der weitergeleiteten E-Mail gestanden sei, der Entwurf des Zusammenarbeitsvertrages müsse noch einer Anwältin unterbreitet bzw. besprochen werden, habe sie nicht darauf reagiert (S. 4 N 6 der Stellungnahme; pag. 1294 mit Verweisen auf pag. 23 ff. und pag. 346).
Nachdem sie am P.__ März 2013 ihr zweites Kind zur Welt gebracht habe, habe die Beschuldigte sie erneut kontaktiert und eine Zusammenarbeit vorgeschlagen. Sie habe der Beschuldigten geantwortet, dies komme für sie nur in Frage, wenn sie einen Arbeitsvertrag abschliessen würden. Daraufhin habe ihr die Beschuldigte einen Zusammenarbeitsvertrag, datierend vom 18. April 2013, der von ihr (der Beschuldigten) unterzeichnet gewesen sei, zugesandt (S. 4 N 7 f. der Stellungnahme; pag. 1294 mit Verweis auf pag. 31). Ausserdem habe ihr die Beschuldigte gleichentags die folgenden drei SMS geschrieben:
ha der e vertrag wi mit de andere o händ gschickt. dä deckt scho vil vo dine frage ab (pag. 33) [ ] hs uf d poscht tue. läse untschribe u retourniere (pag. 34) [ ] und bis am samschtig abig dini alige und outo zu papier! etc wird nüm umetändlet (pag. 34).
Parallel habe ein reger E-Mail-Verkehr stattgefunden. Am 24. April 2013 habe sie der Beschuldigten schliesslich folgende E-Mail geschrieben (S. 4 N 8 ff. der Stellungnahme; pag. 1294 mit Verweisen auf pag. 230, pag. 239 f. und pag. 37):
Vorletschti Nacht hani de chli Rueh ka u ha über die ganzi Arbeitssituation nachedänkt. Weni ganz ehrlech zu mir säuber bi, schaffi dä ganz Arbeitsufwand mit zwöi Ching, so wis mir iz geit, nid.
Die Beschuldigte habe ihr postwendend geantwortet: «da isch dich superJ passt doch und i verstah das.me am obigJ» (pag. 230), sodann ihr Verhalten aber schlagartig geändert. Mit E-Mail vom 7. Mai 2013 betreffend «Verträge», habe die Beschuldigte beispielsweise Folgendes festgehalten (S. 5 N 11 der Stellungnahme; pag. 1295 mit Verweis auf pag. 58):
[ ] guck mal.. die müssen nicht mal schriftlich sein (das weisst du dein mann ja sicher.))) lol. frag deinen rechtsberater so. und auch per mail gültig.. C.__ aiaiaiai. tut mir bald leid. wir beide wissen ja bescheid. noch blöder dass ich alle zahlungen und quittungen habe.
Zudem habe die L.__ GmbH, handelnd durch die Beschuldigte, (mutmasslich zwischen dem 14. Mai 2013 und dem 4. Juni 2013) Rechtsanwältin M.__ beigezogen. Diese habe sich am 4. Juni 2013 an sie (die Privatklägerin) gewandt und sie auf einen Vertrag aus dem Jahr 2012 hingewiesen sowie festgehalten, dieser Vertrag sei am 3. Dezember 2012 schriftlich bestätigt und von ihr (der Privatklägerin) nun verletzt worden (pag. 149). Nachdem sie sich am 6. Juni 2013 bei Rechtsanwältin M.__ erkundigt habe, ob sie im Besitz dieser angeblichen schriftlichen Vereinbarung sei, habe ihr diese per E-Mail einen vom 3. Dezember 2012 datierenden und von der Beschuldigten unterzeichneten Vertrag zugestellt sowie festgehalten, gemäss der Beschuldigten sei ihr dieser Vertrag bereits im November 2011 per Post und E-Mail zugestellt worden (pag. 40 f). Mit Schreiben vom 24. Juli 2013 habe Rechtsanwältin M.__ schliesslich auf einen Vertrag vom 19. November 2012 («schriftliche Bestätigung des mündlichen und konkludenten Vertrages») hingewiesen, der angeblich von beiden Parteien unterzeichnet worden sei (pag. 42 und pag. 47). Dieser Vertrag habe im Gegensatz zu allen anderen Vertragsentwürfen insbesondere auch zu demjenigen, den ihr Rechtsanwältin M.__ zuvor mit E-Mail vom 6. Juni 2013 zugestellt habe - unter Ziffer 3 folgende Bestimmung enthalten:
Sollte die Vertragspartnerin frühzeitig aus persönlichen Gründen Krankheit aus dem Vertrag zurücktreten, ist sie verpflichtet, sämtliche angefallenen Kosten aus der Ausbildung und Kurswesen zurückzuerstatten an L.__ GmbH.
Sie selber habe diesen Vertrag, den die Beschuldigte via Rechtsanwältin M.__ zur Untermauerung ihrer angeblichen Forderung am 22. August 2013 der Schlichtungsbehörde und am 29. Januar 2014 schliesslich dem Regionalgericht eingereicht habe, niemals unterzeichnet (zum Ganzen S. 5 N 12 ff. der Stellungnahme mit Verweisen auf die genannten Paginas; pag. 1295).
Insgesamt spreche dieser Ablauf der Geschehnisse wie im Übrigen auch das Gutachten des kriminaltechnischen Dienstes vom 13. Februar 2015 (pag. 493 ff.) und weitere Diskrepanzen im Zusammenhang mit dem Vertrag zweifelsohne dafür, dass die Beschuldigte den fraglichen Vertrag eigenmächtig gefälscht und ihre (diejenige der Privatklägerin) Unterschrift elektronisch eingefügt habe (S. 8 f. N 26 ff. der Stellungnahme; pag. 1298). Ein Interesse Dritter an der Fälschung der Unterschrift sei nicht erkennbar und eine Dritte ein Dritter kämen nicht als Täter in Betracht (S. 9 N 29 der Stellungnahme; pag. 1299).
0.0.5 Bezüglich der umstrittenen E-Mail macht die Privatklägerin in ihrer Stellungnahme geltend, die E-Mail vom 19. Dezember 2013 wie auch die E-Mail vom 4. Dezember 2012 in der Klagebeilage 33 seien frei erfunden. Die Beschuldigte habe von ihrer echten E-Mail vom 24. April 2013 den Satz «Vorletschti Nacht hani de chli Rueh ka u ha über die ganzi Arbeitssituation nachedänkt» (pag. 230) übernommen und diesen mit folgendem, sich nicht im Original befindlichen Passus ergänzt (S. 7 N 23 f. der Stellungnahme; pag. 1297):
U ja, s isch mir klar, das i aui die Kurse u d Uusbildige mue zrüggzahle, we si nid vollumfänglich cha erfülle, über das hei mir mängisch gredt. de tueni dir im verhätnis das zrtügggeh, söttis so wiit cho, was i dir schuldig bi. keis thema!
Ausserdem habe die Beschuldigte die ursprüngliche Betreffzeile von «am 24.04.2013 um 15:36 schrieb» auf «am 19.12.2013 um 21:32 schrieb» geändert (pag. 230 und pag. 159). Sie habe damit suggerieren wollen, dass sie (die Privatklägerin) ihr eine Schuldanerkennung geschrieben habe (S. 7 N 22 der Stellungnahme; pag. 1297).
Die Beschuldigte habe die entsprechend abgeänderte E-Mail vom 19. Dezember 2013 sodann an Rechtsanwältin M.__ weitergeleitet, welche sie der Schlichtungsbehörde eingereicht habe. Es erstaune, dass dem Vorladungsbegehren vom 22. August 2013 eine «in der Zukunft liegende» E-Mail (vom 19. Dezember 2013) beigelegt worden sei. Dieses Verhalten mute komisch an. Ausserdem falle auf, dass die strittige E-Mail verschiedene Dialektausdrücke enthalte, die nicht ihrem Duktus, sondern dem Dialekt der Beschuldigten entsprechen würden (S. 6 N 16 ff. der Stellungnahme; pag. 1296).
Unglaubhaft sei weiter die Behauptung der Beschuldigten, wonach es sich bei der E-Mail vom 19. Dezember 2013 um einen Auszug ihrer (derjenigen der Privatklägerin) E-Mail vom 24. April 2013 handle, der irrtümlicherweise unter einen falschen Briefkopf kopiert worden sei (pag. 182). Die Beschuldigte habe nicht erklärt, wie beim Versenden von E-Mails derartige Fälschungen entstehen könnten (S. 12 N 39 der Stellungnahme; pag. 1302). Eine sich im Posteingang befindliche E-Mail könne ohne weiteres überarbeitet und sodann weitergeleitet ausgedruckt werden (S. 12 N 40 der Stellungnahme; pag. 1302).
Aus diesen Gründen sei offensichtlich, dass die Beschuldigte die fragliche E-Mail redigiert und danach via Rechtsanwältin M.__ der Behörde eingereicht habe, um ihre unrechtmässige Forderung durchzusetzen bzw. um das Gericht zu täuschen und dazu zu bewegen, ein Urteil zu Ungunsten der Privatklägerin auszufällen (S. 11 f. N 37 f. der Stellungnahme; pag. 1301).
Würdigung durch die Kammer
0.1 Theoretische Grundlagen der Beweiswürdigung und Aussagenanalyse
Die Vorinstanz hat in ihrer Urteilsbegründung die rechtlichen und theoretischen Grundlagen der Beweiswürdigung, insbesondere die anerkannten Grundsätze und die Kriterien zur Aussagenanalyse sowie die Tragweite des Grundsatzes «in dubio pro reo» korrekt wiedergebeben (S. 4 ff. der Urteilsbegründung; pag. 1047 ff.). Es kann darauf verwiesen werden.
0.2 Vorbemerkungen
Nachfolgend ist in einem ersten Schritt zu klären, ob die Beschuldigte in Ziffer 3 des fraglichen Vertrages eigenmächtig einen Lebenssachverhalt festhielt («Rückzahlungsverpflichtung betreffend Kurs-/Ausbildungskosten»), der sich in Tat und Wahrheit gar nie ereignete resp. der zwischen ihr und der Privatklägerin weder mündlich noch schriftlich jemals so vereinbart wurde. Sodann ist zu prüfen, ob die Beschuldigte diesen von ihr verfassten Vertrag selbst unterzeichnete und die Unterschrift der Privatklägerin ohne deren Einverständnis elektronisch einfügte.
In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Beschuldigte die originale E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 wie in der Anklageschrift beschrieben abänderte, indem sie den ersten Satz der echten E-Mail der Privatklägerin verwendete und diesen mit einer Passage über eine Rückzahlungsverpflichtung, die eine Art Schuldanerkennung darstellt, ergänzte sowie die inhaltlich veränderte E-Mail auf den 19. Dezember 2013 (gemeint wohl 2012) umdatierte.
Schliesslich ist die Frage zu beantworten, ob die Beschuldigte den Vertrag und die E-Mail herstellte bzw. veränderte und Rechtsanwältin M.__ zustellte, damit diese sie im Zivilverfahren der Beschuldigten gegen die Privatklägerin als Gesuchsbeilagen der Schlichtungsbehörde bzw. den Vertrag als Klagebeilage dem Regionalgericht einreichte. Weiter, ob die Beschuldigte beabsichtigte, das Gericht mit diesem Vorgehen über den Bestand der ihrerseits gegenüber der Privatklägerin zu Unrecht geltend gemachten Forderung in der Höhe von CHF 52‘803.90 plus Zins zu täuschen und zu veranlassen, gestützt auf den Vertrag ein materiell unrichtiges Urteil zum Nachteil der Privatklägerin auszufällen und ihr (der Beschuldigten) die unrechtmässige Forderung zuzusprechen.
Zur Frage, ob die Beschuldigte den Vertrag vom 19. November 2012 mit der Rückzahlungsverpflichtung eigenmächtig verfasste und sodann selbst unterzeichnete sowie die Unterschrift der Privatklägerin ohne deren Einverständnis elektronisch einfügte
0.2.1 Vorbemerkungen
Die Beschuldigte wurde hierzu am 13. März 2014 von der Polizei (pag. 285 ff.) und am 28. November 2014 durch die Staatsanwaltschaft (pag. 308 ff.) befragt. Weiter äusserte sie sich, nachdem sie der erstinstanzlichen Hauptverhandlung ferngeblieben war (pag. 898), in der Berufungsbegründung vom 12. November 2018 zu den vorliegend in Frage stehenden Vorfällen (pag. 1276 ff.).
Die Privatklägerin schilderte ihre Sichtweise am 30. Juni 2014 bei der Staatsanwaltschaft (pag. 343 ff.) und am 15. Mai 2017 in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung (pag. 900 und pag. 902 ff.). Weiter nahm sie in der Eingabe vom 3. Dezember 2018 Stellung zur Berufungsbegründung der Beschuldigten (pag. 1291 ff.).
Bei der Analyse der Aussagen der Beschuldigten und der Privatklägerin fällt auf, dass die beiden das Rahmengeschehen weitgehend übereinstimmend schilderten (vgl. S. 14 der Urteilsbegründung mit entsprechenden Verweisen; pag. 1057), ihre Aussagen, was das Kerngeschehen angeht, d.h. das Zustandekommen und die Unterzeichnung des fraglichen Vertrages, hingegen unterschiedlicher nicht sein könnten. Während die Privatklägerin konsequent dementierte, jemals einen Vertrag mit einer Rückzahlungsverpflichtung unterzeichnet zu haben (pag. 346 Z. 111 f., pag. 348 Z. 190 f. und Z. 193 ff., pag. 201 ff., pag. 349 Z. 208 und pag. 902 Z. 32 f.), behauptete die Beschuldigte vehement, die Privatklägerin habe sich vertraglich dazu verpflichtet, für ihr Unternehmen (die L.__ GmbH) zehn zwölf Kurse durchzuführen, in der Folge aber einfach damit aufgehört und dem Unternehmen so einen finanziellen Schaden zugefügt (pag. 288 Frage 14; pag. 289 Frage 21 und pag. 310 Z. 69 ff.). Es ist somit zu prüfen, welche der beiden Versionen der Wahrheit entspricht.
0.2.2 Zu den Aussagen der Beschuldigten
Betrachtet man die Aussagen der Beschuldigten, dann fällt auf, dass sie sich unzählige Male selbst widersprach und auf Vorhalte keine plausiblen Erklärungen liefern konnte. Ihre Schilderungen muten häufig abenteuerlich und schlicht frei erfunden an:
So ist zunächst speziell, dass die Beschuldigte inzwischen zwar anerkennt, dass es sich bei der Unterschrift der Privatklägerin auf dem Vertrag um eine Manipulation handelt, sie aber nicht plausibel erklären kann, wer wenn nicht sie für diese Manipulation verantwortlich sein soll (S. 4 der Berufungsbegründung; pag. 1279). Anstatt nachvollziehbare Fakten zu liefern, stellte sie sich als Opfer dar, das durch die Manipulation des Vertrages selbst getäuscht wurde und Nachteile erlitt. Weil der Vertrag manipuliert worden sei, stehe sie vor Rechtsanwältin M.__ einerseits als Betrügerin da und andererseits seien ihre Verhandlungsposition im Zivilprozess erheblich erschwert und ihre Glaubwürdigkeit als Person nachhaltig untergraben worden (S. 4 f. der Berufungsbegründung; pag. 1279 f.). Damit betont die Beschuldigte eine angebliche Hilfsbedürftigkeit, was wenig überzeugend wirkt.
Als Beispiel für die Widersprüchlichkeit der Aussagen der Beschuldigten in Bezug auf den Vertrag sei zunächst erwähnt, dass die Beschuldigte einmal ausführte, sie habe von O.__ am 18. November 2012 einen ersten Vertragsentwurf («Zusammenarbeitsvertrag») und ein Betriebsreglement erhalten (pag. 23 ff. und pag. 313 Z. 180). Ein anderes Mal gab sie allerdings an, sie habe den unterzeichneten Vertrag am 19. November 2012 ausgestellt und der Privatklägerin per Post zugestellt (pag. 288 Fragen 11 und 13; pag. 313 Z. 174 f.). Vor dem Hintergrund, dass die Beschuldigte den Vertragsentwurf gemäss ihrer erstgenannten Aussage erst am 18. November 2012 erhalten haben will, erstaunt ihre Äusserung, der definitive und unterzeichnete Vertrag sei am 19. November 2012 ausgestellt worden. Weiter steht diese erstgenannte Aussage im Widerspruch zur Aussage der Privatklägerin, wonach sie am 19. November 2012 eine E-Mail mit einem Vertragsentwurf und einem Betriebsreglement sowie dem Hinweis, dieser Entwurf müsse zuerst noch mit einer Anwältin besprochen werden, erhalten habe (pag. 903 Z. 41 ff.; zur Würdigung der Aussagen der Privatklägerin vgl. Erwägung 10.3.5 hiernach). Aus Sicht der Kammer erscheint lebensfremd, dass die Privatklägerin den Vertrag am selben Tag unterzeichnete, an welchem sie erst dessen Entwurf, der noch mit einer Anwältin besprochen werden musste, per E-Mail erhielt. Noch unwahrscheinlicher ist, dass die Beschuldigte den Vertrag dann auch noch gerade an exakt diesem Tag ausstellte. Auf Vorhalt dieses merkwürdigen Ablaufs, verstrickte sich die Beschuldigte in weitere Widersprüche und erklärte, auf dem Vertrag habe es sicher noch kein Datum gehabt. Es sei zwar möglich, dass die Privatklägerin erst am 21. 22. November 2012 unterzeichnet habe, den Vertrag aber habe sie selber ausgestellt und das sei wohl «so am» 19. November 2012 gewesen (pag. 314 Z. 203 ff.).
Nebst der soeben erwähnten Version gab die Beschuldigte erstaunlicherweise noch eine weitere Variante zu Protokoll, berichtete sie doch, sie habe sich während des Geschäftsausfluges vom 6. bis 9. Dezember 2012 mit der Privatklägerin ausgiebig über einen Vertrag bzw. über eine Rückzahlungsverpflichtung unterhalten (pag. 287 Frage 8). Die Privatklägerin dementierte dies (pag. 902 Z. 36 ff.) und auch die Kammer hält diese Aussage der Beschuldigten für höchst unwahrscheinlich, zumal sie ihren anderen Aussagen widerspricht, wonach bereits am 19., 21., 22. 28./29. November 2012 ein Vertrag über exakt diese, angeblich diskutierte Rückzahlungsverpflichtung abgeschlossen worden sein soll (pag. 314, pag. 925 Z. 203 f. und S. 5 der Berufungsbegründung; pag. 1280). Als dies der Beschuldigten vorgehalten wurde, war sie zunächst sprachlos und gab keine Antwort auf die Frage, wieso ein Vertrag, der bereits am 19. November 2012 unterzeichnet worden sein soll, noch Tage später bei der Geschäftsreise ausgiebig diskutiert worden sein soll (pag. 311). Danach erklärte sie, es sei nicht korrekt, davon zu sprechen, dass der Vertrag am 19. November 2012 unterzeichnet worden sei. Sie habe den Vertrag nur an diesem Tag ausgestellt (pag. 312). Auf Frage, wie der Vertrag bereits am 19. November 2012 habe unterzeichnet werden können, wenn er doch zuerst noch mit einer Anwältin habe besprochen und das Betriebsreglement habe überarbeitet werden müssen, gab sie schliesslich an, sie habe damals «halt dann noch selber daran ‹umegschrüblet›» (pag. 313). Die Widersprüchlichkeit der Aussagen der Beschuldigten ist für die Kammer offensichtlich.
Weiter sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die Beschuldigte zwar erklärte, sie habe der Privatklägerin den Vertrag am 19. November 2012 zugestellt und diese habe ihr gleichentags eine unterzeichnete Version retourniert (pag. 288 Frage 11 und Frage 13; bestätigt pag. 313 Z. 174 f.), dann aber behauptete, die Privatklägerin habe den Vertrag am 28. 29. November 2012 im Beisein von Q.__ in einem Restaurant unterzeichnet (pag. 925 und S. 5 der Berufungsbegründung; pag. 1280). Nebst dem, dass sich bereits diese beiden Aussagen widersprechen, fällt auf, dass die Beschuldigte durch Rechtsanwältin M.__ in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eine Bestätigung von Q.__ einreichen liess (pag. 901 und pag. 925). Diese Bestätigung widerspricht aber wiederum der (älteren) Stellungnahme von Q.__, die sich bereits in den Akten befand. In der ursprünglichen Stellungnahme von Q.__ war im Gegensatz zur neuen Bestätigung keine Rede von einer Vertragsunterzeichnung am 28./29. November 2012 (pag. 87). Ausserdem bestritt auch die Privatklägerin überzeugend, in Anwesenheit von Q.__ am 28./29. November 2012 einen Vertrag unterzeichnet zu haben (pag. 903 Z. 4 ff.; zur Würdigung der Aussagen der Privatklägerin vgl. Erwägung 10.3.5). Die Angelegenheit rund um diese in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eingereichte Bestätigung von Q.__ scheint in den Augen der Kammer deshalb schlicht konstruiert.
Insgesamt gab die Beschuldigte somit mindestens drei verschiedene Versionen zum Besten. Einmal soll die Privatklägerin den Vertrag am 19., ein andermal am 21./22., ein drittes Mal am 28./29. November 2012 unterschrieben und sich schliesslich am 4. Dezember 2012 für die Verpflichtungsversion entschieden haben (pag. 312 Z. 147 ff.). Die Aussagen der Beschuldigten sind damit höchst widersprüchlich. Weiter enthalten sie zahlreiche ausschweifende, lebensfremde und unplausible Erklärungen. Schliesslich sind ihre Schilderungen, wie im Folgenden aufgezeigt wird, auch nicht mit den objektiven Beweismitteln und den übrigen (aktenkundigen) Umständen in Einklang zu bringen.
0.2.3 Objektive Beweismittel und Fakten, die gegen die Version der Beschuldigten sprechen
Zunächst ist äussert seltsam, dass die Beschuldigte bis heute keinen Originalvertrag mit Rückzahlungsverpflichtung beibringen konnte. Während sie zuerst noch erklärte, der Originalvertrag befinde sich bei Rechtsanwältin M.__ und sie könne diesen organisieren (pag. 289 Frage 22 f.), gab sie später an, der Originalvertrag sei bis heute nicht mehr aufgetaucht. Sie müsse Rechtsanwältin M.__ anlasten, diesen «verhüeneret» zu haben (pag. 310 Z. 74 ff.). Rechtsanwältin M.__ hingegen hielt in ihrem Schreiben vom 20. Juni 2014 fest, der Originalvertrag befinde sich nicht bei ihr und habe sich auch nie bei ihr befunden (pag. 473). Die Kammer zweifelt nicht an der Wahrheit dieser Aussage von Rechtsanwältin M.__. Vielmehr erachtet sie die Aussage der Beschuldigten als Schutzbehauptung und den Umstand, dass die Beschuldigte versucht, die Schuld ihrer ehemaligen Anwältin «in die Schuhe» zu schieben, als dreist. Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass kein Originalvertrag mit Rückzahlungsverpflichtung existiert.
Dem aus Sicht der Kammer absolut schlüssigen, nachvollziehbaren Rapport des kriminaltechnischen Dienstes vom 13. Februar 2015 (pag. 493 ff.) ist zu entnehmen, dass zwischen der Unterschrift der Privatklägerin auf dem strittigen Vertrag und derjenigen auf dem von der Privatklägerin zweifelsohne unterzeichneten befristeten Arbeitsvertrag vom 3. Februar 2012 Deckungsgleichheit besteht (pag. 61 f. und pag. 497 f. [befristeter Arbeitsvertrag], pag. 494 [Rapport], pag. 310 Z. 52 f. [Beschuldigte], pag. 344 Z. 45 f. und pag. 346 Z. 127 [Privatklägerin]). Es ist somit davon auszugehen, dass der befristete Arbeitsvertrag vom 3. Februar 2012 bei der technischen Übertragung der Unterschrift der Privatklägerin auf den strittigen Vertrag als Vorlage diente (pag. 496 Frage 1 und 3). Niemand vermag deckungsgleich zu unterschreiben.
In den Akten befindet sich auch der E-Mail Verkehr von Rechtsanwältin M.__ mit der Privatklägerin und der Beschuldigten. Am 4. Juni 2013 wies Rechtsanwältin M.__ die Privatklägerin auf einen Vertrag vom 3. Dezember 2012 («Bestätigung des mündlichen und konkludenten Vertragsschlusses») hin, der weder eine Rückzahlungsverpflichtung enthält noch von der Privatklägerin sondern einzig von der Beschuldigten - unterzeichnet ist (pag. 38 f., pag. 40 f., pag. 149 f. und pag. 166 f.). Später kontaktierte Rechtsanwältin M.__ die Privatklägerin erneut und machte sie auf einen Vertrag vom 19. November 2012, d.h. auf den in casu strittigen Vertrag, aufmerksam, den sie der Privatklägerin im Anhang ihrer E-Mail zustellte (pag. 42 ff.). Während bereits dieser kommentarlose «Wechsel» vom einen auf den anderen Vertrag an sich seltsam erscheint, verblüfft, dass der nunmehr allein als massgebend erachtete Vertrag vom 19. November 2012 im Gegensatz zum vorher als relevant bezeichneten Vertrag vom 3. Dezember 2012 eine Rückzahlungsverpflichtung enthält und von beiden Parteien unterzeichnet ist (pag. 47 f. und pag. 142). Aus Sicht der Kammer ist nicht anzunehmen, dass sich Rechtsanwältin M.__ in ihrer ersten E-Mail an die Privatklägerin auf einen ausschliesslich von der Beschuldigten unterzeichneten Vertrag vom 3. Dezember 2012 bezogen hätte, wenn (ihr) zu diesem Zeitpunkt bereits ein «älterer», d.h. vom 19. November 2012 datierender und darüber hinaus von beiden Parteien unterzeichneter Vertrag mit Rückzahlungsverpflichtung vorgelegen hätte. Eine solche Vorgehensweise ergäbe keinen Sinn. Ausserdem ist aktenkundig, dass Rechtsanwältin M.__ ihrer Mandantin per E-Mail schrieb, es sei ihr nicht ganz klar, weshalb sie ihr ursprünglich die Vereinbarung vom 3. Dezember 2012 zugestellt habe, die weder eine Rückzahlungspflicht noch eine Unterschrift der Privatklägerin enthalten habe, wenn sie ihr später einen beidseits unterschriebenen Vertrag vom 19. November 2012 mit Rückzahlungspflicht vorlege (pag. 82). Schliesslich erscheint es vor dem Hintergrund, dass gemäss der Beschuldigten von Anfang an eine Rückzahlungsverpflichtung vereinbart war, die niemals aufgehoben worden sein soll, höchst unlogisch, dass der ältere Vertrag exakt eine solche Verpflichtung enthielt, der neuere hingegen nicht (S. 6 der Berufungsbegründung; pag. 1281). Insgesamt lassen all diese Gründe vermuten, dass der strittige Vertrag effektiv erst viel später als am 19. November 2012, wohl in der Zeit, als die Situation zwischen der Privatklägerin und der Beschuldigten «eskalierte», d.h. ungefähr im April 2013 kurz zuvor, eigenmächtig von der Beschuldigten verfasst wurde.
Für diese Vermutung spricht im Übrigen auch wie nachfolgend sowie unter Erwägung 10.3.5 hiernach aufgezeigt wird - die glaubhafte Aussage der Privatklägerin, wonach die Vertragsverhandlungen zwischen ihr und der Beschuldigten erst nach der Geburt ihres zweiten Kindes im März 2013 begonnen hätten. Ab diesem Zeitpunkt sei sie nicht mehr bereit gewesen, auf freundschaftlicher Basis für die Beschuldigte zu arbeiten und habe «wenn schon» einen Vertrag gewollt (pag. 345 Z. 76 ff., pag. 349 Z. 239 und pag. 902 Z. 8 ff.). Diese Aussage wird durch zahlreiche aktenkundige E-Mails und SMS belegt, die allesamt aufzeigen, dass die Beschuldigte und die Privatklägerin insbesondere im April 2013 über einen Vertrag bzw. eine Vertragsunterzeichnung diskutierten. Am 18. April 2013 teilte die Beschuldigte der Privatklägerin beispielsweise per SMS mit, sie habe ihr einen Vertrag geschickt, den sie bitte lesen und unterschrieben retournieren solle (pag. 33 f.). Im Gegensatz zum strittigen enthielt dieser Vertrag erstaunlicherweise keine Rückzahlungsverpflichtung (pag. 31 f.), was die Beschuldigte eher schnippisch so erklärte: «Das ist wahrscheinlich einfach vergessen gegangen. Ich kann das so nicht sagen. Das ist ja noch schön für Frau C.__ (die Privatklägerin) oder» (pag. 315 Z. 253). Mit E-Mail vom 19. April 2013 bedankte sich die Privatklägerin für das Zustellen des Vertrages und hielt fest, sie werde sich noch Notizen dazu machen (pag. 239). Die Beschuldigte antwortete ihr gleichentags: «bitte tue dini Sache wo dr im vertrag fähled KLAR notiere u i lueg mrs a.» (pag. 57). Am 21. April 2013 verlangte die Beschuldigte von der Privatklägerin zum wiederholten Mal, ihre Wünsche zu notieren. Gleichzeitig wies sie auf eine E-Mail vom «Dezember» hin und hielt fest, die Privatklägerin habe ihr die Kurskosten zu ersetzen (pag. 240), was am Rande bemerkt höchst merkwürdig erscheint, wenn sie ansonsten behauptete, es existiere bereits seit dem 19., 20., 21, 28./29. November 4. Dezember 2012 ein Vertrag mit exakt einer solchen Rückzahlungsverpflichtung. Am 23. und 24. April 2013 forderte die Beschuldigte die Privatklägerin nochmals auf, ihre Änderungswünsche mitzuteilen und den Vertrag unterschrieben zu retournieren (pag. 35 f. und pag. 223), woraufhin ihr die Privatklägerin mit E-Mail vom 24. April 2013 mitteilte, sie wolle die Arbeit aufgeben und pausieren (pag. 229 f.). Darauf reagierte die Beschuldigte in den Worten der Privatklägerin zunächst verständnisvoll und «positiv» (pag. 345 Z. 89), ehe sie der Privatklägerin in drei weiteren E-Mails mit Nachdruck mitteilte, sie müsse ihre Verpflichtungen wahrnehmen und den Vertrag trotzdem unterschreiben (pag. 221 und pag. 223). Mit E-Mail vom 7. Mai 2013 betreffend «Verträge» teilte die Beschuldigte der Privatklägerin schliesslich mit (pag. 58):
..guck mal.. die müssen nicht mal schriftlich sein (das weisst du dein mann ja sicher.))) lol. frag deinen rechtsberater so. und auch per mail gültig. C.__, eieiei. tut mir bald leid. [ ]
Diese Korrespondenz belegt aus Sicht der Kammer, dass im April 2013 kein Vertrag wie der vorliegend strittige existierte. Andernfalls, d.h. wenn bereits eine Vereinbarung vom November Dezember 2012 mit einer Rückzahlungsverpflichtung bestanden hätte, hätte die Beschuldigte wie die Vorinstanz zurecht erwog im April 2013 nie derart vehement auf eine Vertragsunterzeichnung durch die Privatklägerin gedrängt. Auch dies wurde der Beschuldigten im Verfahren vorgehalten, worauf sie erneut ausschweifend und ausweichend reagierte. Auf Vorhalt einer ihrer SMS an die Privatklägerin vom 18. April 2013, in der es offensichtlich um den Vertragsabschluss ging, behauptete sie beispielsweise, sie beziehe sich darin auf ihr Auto. Ausserdem habe die Privatklägerin in der Zeit vom 18. April 2013 «ja etwas ‹zu knorzen› begonnen» und es habe eine Negativdynamik gegeben, weil sie (die Privatklägerin) ja behauptet habe, sie habe gar keinen Vertrag mit ihr und nie für sie gearbeitet. Deshalb habe sie der Privatklägerin den Vertrag nochmals zugeschickt (zum Ganzen pag. 314 Z. 217 ff., für weitere Beispiele vgl. ferner pag. 313 Z. 187 ff. und Z. 194 ff.; pag. 314 Z. 212 ff. und Z. 238 ff. sowie pag. 315 Z. 262).
Obwohl nach Überzeugung der Kammer aufgrund der voranstehenden Ausführungen offensichtlich ist, dass nicht auf die Version der Beschuldigten abgestellt werden kann, sei ergänzend festgehalten, dass die verschiedenen aktenkundigen Verträge erhebliche, nicht erklärbare Diskrepanzen aufweisen. Während sowohl der Vertragsentwurf vom 19. November 2012 als auch der von der Beschuldigten unterzeichnete Vertrag vom 18. April 2013 als «Zusammenarbeitsvertrag» betitelt wurden (pag. 24 f. und pag. 31 f.), trägt sowohl der Vertrag vom 19. November 2012 als auch derjenige vom 3. Dezember 2012 den Titel «Schriftliche Bestätigung des mündlichen und konkludenten Vertrages» (pag. 47 f. und pag. 41 f.). Im Vertragsentwurf, welcher der Privatklägerin am 19. November 2012 per E-Mail zugestellt worden war, waren die Daten der Ausbildungskurse in der Ziffer 1 nicht aufgeführt (pag. 24). Im angeblich massgeblichen Vertrag vom 19. November 2012 und im Vertrag vom 3. Dezember 2012 wurden unter der Ziffer 1 hingegen in der Vergangenheit liegende Kursdaten aufgeführt (pag. 47 und pag. 41). Während der Vertragsentwurf auf «Vertragspartnerin» (pag. 24) lautete, war im Vertrag vom 3. Dezember 2012 die Rede von «CCC.__ (Vorname) CCCC.__ (Nachname 1)» (pag. 40) und im strittigen Vertrag vom 19. November 2012 von «CCC.__ (Vorname) CC.__ (Nachname 2)» (pag. 47), welche tatsächlich eigentlich «C.__ (richtiger Name)» heisst. Der Vertrag vom 19. November 2012 wurde angeblich in «G.__» ausgestellt (pag. 48), derjenige vom 18. April 2013 hingegen in «H.__» (pag. 32). Am auffallendsten ist jedoch, dass der strittige Vertrag vom 19. November 2012 im Gegensatz zu all den übrigen Verträgen (d.h. zum Entwurf vom 19. November 2012, zur angeblichen Bestätigung vom 3. Dezember 2012 und zu demjenigen vom 18. April 2013) in Ziffer 3 eine Rückzahlungsverpflichtung enthält (pag. 47 [Vertrag mit Rückzahlungsverpflichtung]; pag. 24, pag. 31 und pag. 40 [Verträge ohne Rückzahlungsverpflichtung]).
0.2.4 Zwischenfazit
In Würdigung der voranstehenden Ausführungen ist festzuhalten, dass die Aussagen der Beschuldigten betreffend Vertragsentstehung und -unterzeichnung widersprüchlich, wirr und nicht nachvollziehbar, teilweise dreist sowie letztlich konstruiert sind. Sie stimmen des Weiteren nicht mit den vorhandenen objektiven Beweismitteln überein und ergeben gemeinsam mit den übrigen aus den Akten hervorgehenden Fakten kein logisches Ganzes. Die Version der Beschuldigten widerspricht, wie unter Erwägung 10.3.5 hiernach dargetan wird, denn auch den glaubhaften Aussagen der Privatklägerin. Aufgrund der zahlreichen Lügensignale erachtet die Kammer die Aussagen der Beschuldigten bezüglich des Vertrags somit insgesamt als unglaubhaft.
Zumal die Beschuldigte gewissermassen implizierte, eine Drittperson habe den Vertrag manipuliert, sei der Vollständigkeit halber festgehalten, dass in casu keinerlei Hinweise auf eine Dritttäterschaft bestehen. Es ist nicht ersichtlich, wer ausser der Beschuldigten ein Interesse an der fraglichen Vertragsmanipulation (gehabt) haben könnte. Die Beschuldigte führte ebenfalls nicht näher aus, wer den befristeten Arbeitsvertrag zwischen ihr und der Privatklägerin als Vorlage benutzt haben sollte, um einen neueren (unbefristeten) Vertrag wiederum zwischen ihr (der Beschuldigten) und der Privatklägerin herzustellen. Deshalb, sowie in Würdigung der Gesamtumstände, kann vorliegend einzig und allein die Beschuldigte gehandelt haben.
0.2.5 Zu den Aussagen der Privatklägerin
Im Gegensatz zur Beschuldigten führte die Privatklägerin konstant, widerspruchsfrei und nachvollziehbar aus, sie habe den umstrittenen Vertrag nie unterzeichnet und/oder mündlich konkludent bestätigt, geschweige denn der Beschuldigten die Erlaubnis gegeben, ihre Unterschrift elektronisch einzufügen (pag. 346 Z. 111 f., pag. 348 Z. 190 f. und Z. 193 ff., pag. 201 ff., pag. 349 Z. 208 und pag. 902 Z. 32 f.). Weiter bestritt die Privatklägerin konsequent, mit der Beschuldigten jemals eine Vereinbarung über die Rückzahlung allfälliger Ausbildungskosten getroffen zu haben (u.a. pag. 349 Z. 217 ff. und pag. 902 Z. 41 ff.). Die Beschuldigte habe ihr vielmehr gesagt, sie solle ihr die Rechnungen jeweils einfach geben (pag. 902 Z. 44 f.).
Im April 2013 habe ihr die Beschuldigte dann per A-Post einen Vertrag im Sinne eines Zusammenarbeitsvertrages, datierend vom 18. April 2013, zugestellt (pag. 345 Z. 76 ff., pag. 900 Z. 16 ff., pag. 902 Z. 7 und 16 f. sowie S. 4 der Stellungnahme; pag. 1294). Sie habe sich jedoch dazu entschlossen, diesen Vertrag nicht zu unterzeichnen und nicht mehr für die Beschuldigte zu arbeiten. Dies habe sie der Beschuldigten umgehend mitgeteilt und ihr geschrieben, sie schaffe es nach der Geburt ihres zweiten Kindes und aufgrund ihrer «nervlichen Situation» nicht mehr, N.__-Kurse durchzuführen (pag. 345 Z. 85 f. und pag. 902 Z. 22 ff.). Die Beschuldigte habe zunächst verständnisvoll und «eigentlich positiv» reagiert (pag. 345 Z. 88 f. und pag. 902 Z. 29 f.), sei dann plötzlich aber immer fordernder geworden, habe eine Geldforderung gestellt und sie unter Druck gesetzt, den Vertrag dennoch zu unterzeichnen (pag. 345 Z. 89 ff.). Deswegen habe sie sich sodann an ihre Rechtsschutzversicherung gewandt und der Beschuldigten sofort per Einschreiben mitgeteilt, sie sei weder verpflichtet, für sie tätig zu sein, noch seien Geldforderungen offen (pag. 345 f. Z. 91 ff. und pag. 28 ff.). Die Verhaltensweise der Privatklägerin und ihre Schilderungen sind aus Sicht der Kammer absolut stimmig und lebensnah.
In der Folge habe die Beschuldigte Rechtsanwältin M.__ beigezogen (pag. 346 Z. 94 ff.). Diese habe sie dann auf einen Vertrag vom 3. Dezember 2012 hingewiesen, der allerdings nur von der Beschuldigten unterzeichnet gewesen sei (pag. 346 Z. 100 ff.). Ende Juli 2013 habe ihr Rechtsanwältin M.__ erneut einen Vertrag zugestellt, der nun plötzlich auch ihre Unterschrift (diejenige der Privatklägerin) enthalten habe. Weil sie diesen Vertrag aber zweifelsohne nie unterzeichnet habe, habe sie sich umgehend an die Polizei gewandt. Auch dieses Vorgehen der Privatklägerin macht Sinn und ist in den Augen der Kammer nachvollziehbar.
Die Version der Privatklägerin korrespondiert damit gänzlich mit den vorhandenen objektiven Beweismitteln. Zudem stimmt sie mit der Äusserung von Rechtsanwältin M.__ überein, die in der E-Mail an ihre Mandantin (die Beschuldigte) ausführte, es komme ihr speziell vor, dass sie ihr zunächst die Vertragsversion vom 3. Dezember 2012 zugestellt habe und ihr erst später eine neue, jedoch bereits vom 19. November 2012 datierende Vertragsversion übergeben habe, die im Unterschied zur ersten Version vom 3. Dezember 2012 eine Rückzahlungsverpflichtung enthalten habe und von beiden Parteien unterzeichnet gewesen sei (pag. 81). Die Aussagen der Privatklägerin fügen sich mithin trotz unterschiedlicher Anknüpfungspunkte in ein einheitliches Ganzes ein, sind stimmig und verflochten mit bewiesenen Tatsachen. Ausserdem sind sie detailreich, individuell und originell. So schilderte die Privatklägerin doch, sie habe der Beschuldigten im Herbst 2012 bei der Räumung ihres Geschäfts geholfen und anschliessend von zuhause aus den Versand von Waren im Zusammenhang mit N.__ gemacht. Sie habe von der Beschuldigten einen Schlüssel zur Garage erhalten und habe dort die Sachen, die für den Versand gedacht gewesen seien, abgeholt. Wichtig sei zu erwähnen, dass sie nie eine Inventarliste gemacht hätten. Nachdem sie dann auch einige (N.__-)Kurse selbst gegeben habe, habe die Beschuldigte im Herbst 2012 plötzlich angefangen, gegenüber Dritten zu kommunizieren, sie (die Privatklägerin) sei ihre Geschäftspartnerin. Sie hätten aber nie über eine Geschäftspartnerschaft gesprochen. Die Beschuldigte habe es auch nicht für nötig befunden, das Gespräch zu suchen, sondern sei der Meinung gewesen, der E-Mailkontakt reiche aus (pag. 345 Z. 58 ff.). Auf Vorhalt der Bestätigung von Q.__ betreffend Vertragsunterzeichnung am 28./29. November 2012 in einem Restaurant (pag. 925), erklärte die Privatklägerin weiter (pag. 903 Z. 4 ff.):
Wir waren einmal dort essen. Der Kurs war vom 29.11 - 2.12.2012. Ich bin dann aber von R.__ (Ort) losgefahren. Das weiss ich noch, da es wahnsinnig geschneit hat. [ ] Wenn es zu einem Treffen gekommen wäre, hätte ich den Vertrag ja am 28.11 unterzeichnen müssen und nicht am 29.11, da ich am 29.11. in S.__ (Ort) war. Das Treffen hat an einem Abend stattgefunden, an dem ich am nächsten Tag in T.__ (Ort) einen N.__ (Kurs) gegeben habe. Anwesend waren A.__ und Q.__ [ ].
Schliesslich verneinte die Privatklägerin die Frage, ob sie über den strittigen Originalvertrag vom 19. November 2012 verfüge, und gab zu Protokoll, es sei komisch, dass solche Sachen plötzlich verschwinden würden. Im Übrigen sei Q.__ in der Zeit, als sie (die Privatklägerin) bei der Beschuldigten zu arbeiten aufgehört habe, auch noch ohne Arbeitsvertrag gewesen. Zudem habe eine U.__ für die Beschuldigte gearbeitet. Diese habe die Beschuldigte wohl nicht erwähnt, weil sie auch deren Vertrag (denjenigen von U.__) gefälscht habe. Allenfalls sei diesbezüglich auch eine Anzeige eingegangen (pag. 349 Z. 210 ff.).
Aufgrund der zahlreichen Realkennzeichen sieht die Kammer keinen Grund, an den Aussagen der Privatklägerin zu zweifeln und stellt deshalb vollumfänglich auf deren Version ab.
0.2.6 Fazit
In Würdigung der obigen Ausführungen kommt die Kammer zum Schluss, dass die Beschuldigte den strittigen Vertrag vom 19. November 2012 vermutlich im Frühling 2013 redigierte, als ihr die Privatklägerin mitteilte, sie wolle nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten. Die Kammer erachtet es als erwiesen, dass die Beschuldigte in Ziffer 3 des umstrittenen Vertrages eine Rückzahlungsverpflichtung für Kurskosten stipulierte und diesen selbst «hergestellten» Vertrag sodann unterzeichnete sowie die Unterschrift der Privatklägerin, ohne deren Einwilligung, mit technischen Mitteln einfügte. Aus Sicht der Kammer diente der originale, von der Privatklägerin unterzeichnete, befristete Arbeitsvertrag vom 3. Februar 2012 dabei als Vorlage. Eine Dritttäterschaft scheidet aus.
Zur Frage, ob die Beschuldigte die E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 inhaltlich abänderte und die abgeänderte Version auf den 19. Dezember 2013 umdatierte
0.2.7 Objektive Beweismittel
Die strittige E-Mail, welche die Beschuldigte der Schlichtungsbehörde als Beilage 11 ihres Schlichtungsgesuchs vom 22. August 2013 einreichte, lautet wie folgt (pag. 159):
Am 19.12.2013 um 21.32 schrieb C.__ (E-Mailadresse)
>uhu A.__
>
Vorletschti Nacht hani de chli Rueh ka u ha über die ganzi Arbeitssituation nachädänkt. Und ja, s isch mir klar, das i aui die Kurse u d Uusbildige mue zrüggzahle, we si nid vollumfänglich cha erfülle, über das hei mir mängisch gredt. de tueni dir im verhäutnis das zrügggeh, söttis so wiit cho, was i dir schuldig bi. Keis thema!
>
>ugl u no ganz e gueti Nacht!
Zunächst fällt auf, dass im Schlichtungsgesuch selbst auf eine angebliche E-Mail vom 19. Dezember 2012 (die Beilage 11) Bezug genommen wurde (pag. 137), obwohl die als Beilage 11 effektiv eingereichte E-Mail vom «19.12.2013» datiert (pag. 159). Weiter verblüfft, dass mit dem Schlichtungsgesuch vom 22. August 2013 eine E-Mail eingereicht wurde, die auf einen (damals) in der Zukunft liegenden Tag, den 19. Dezember 2013, datiert ist.
Dass Letzteres verdächtig anmutet, bemerkten vermutlich auch Rechtsanwältin M.__ und/oder die Beschuldigte. Jedenfalls bat Rechtsanwältin M.__ die Vorsitzende der Schlichtungsbehörde mit Schreiben vom 13. September 2013 darum, die Beilage 11 aus den Akten zu entfernen und stattdessen die E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 (als Beilage 19) zu den Akten zu erkennen (pag. 182 f.). Zur Begründung führte sie aus, bei der Beilage 11 des Schlichtungsgesuchs handle es sich um einen Auszug aus der E-Mail der Privatklägerin an die Beschuldigte vom 24. April 2013, der bei der Weiterleitung an sie (Rechtsanwältin M.__) irrtümlicherweise unter einen falschen Briefkopf kopiert worden sei (pag. 182).
Mit der Vorinstanz erachtet die Kammer einerseits den erwähnten Umstand an sich als höchst fragwürdig und andererseits die Begründung, der Auszug sei bei der Weiterleitung fälschlicherweise unter einen falschen Briefkopf kopiert worden, als konstruiert und unlogisch. Bei der Weiterleitung einer E-Mail wird nach allgemeiner Lebenserfahrung weder das Datum automatisch elektronisch verändert noch erfolgt eine Verschiebung der E-Mail. Wie die E-Mail versehentlich unter einen Briefkopf kopiert worden sein soll, der ein in der Zukunft liegendes Datum trägt, erschliesst sich der Kammer nicht. Soweit die Beschuldigte in diesem Zusammenhang argumentierte, sie habe weder Zugang zum E-Mail Account der Privatklägerin gehabt, noch habe sie im Tatzeitpunkt über die elektronische Unterschrift der Privatklägerin über Informatikkenntnisse verfügt, die ihr eine Abänderung wie die in casu vorgeworfene ermöglicht hätten (pag. 1282), überzeugt sie nicht. Es ist für jede Person mit auch nur minimalsten Computerkenntnissen problemlos möglich, eine E-Mail auch ohne Zugang zum E-Mail Account des Absenders zu verändern und danach weiterzuleiten und/oder auszudrucken. Informatikkenntnisse sowie das Wissen um das Passwort des Absenders sind hierfür gerade nicht erforderlich. Die Kammer ist deshalb überzeugt, dass die Beschuldigte die in ihrem Posteingang befindliche originale E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 entgegen ihrer Behauptung ohne weiteres überarbeiten und danach weiterleiten und/oder ausdrucken konnte (und dies auch tat).
Gegen die Version der Beschuldigten, wonach die strittige E-Mail von der Privatklägerin selbst stamme, spricht weiter, dass sich in den Akten unterschiedliche Versionen der mutmasslichen E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013, aus welcher der hiervor zitierte Auszug stammen soll, existieren resp. von der Beschuldigten in Umlauf gebracht wurden (pag. 173, pag. 229 f. und CIV 14 294 Klagebeilage 45). Beim Vergleich all dieser Versionen fällt auf, dass die in casu strittige E-Mail mit «uhu A.__» beginnt und mit «ulg u no ganz ä gueti Nacht!» endet, während die übrigen aktenkundigen Versionen mit «uhu Liebi» beginnen und mit «ulg u no ganz ä guetä Nami!» enden. Die umstrittene E-Mail ist im Unterschied zur originalen E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 ausserdem nicht im «berndeutschen» Dialekt der Privatklägerin verfasst, sondern enthält insbesondere die Begriffe «mue», «zrüggeh» und «keis thema, welche in «Berndeutsch» «mues», «zrüggä» und «kes thema» lauten. Auf Vorhalt dieser Differenzen machte die Beschuldigte geltend, sie habe erstmals in der Einvernahme vom 28. November 2014 richtig realisiert, dass offenbar mehrere Versionen einer von der Privatklägerin an sie gerichteten E-Mail existierten und ihre Verwunderung sogleich zum Ausdruck gebracht. Ausserdem brachte sie vor, «Verhäutnis» und «keis» seien berndeutsche Worte und entstammten nicht ihrem ostschweizerischen Dialekt (pag. 1281). Aufgrund der voranstehenden Ausführungen überzeugt diese Argumentation nicht. Die Kammer qualifiziert die erwähnten Äusserungen der Beschuldigten als Schutzbehauptungen.
In Würdigung dieser Umstände gelangt die Kammer zum Schluss, dass die strittige E-Mail nicht von der Privatklägerin stammt, sondern von der Beschuldigten manipuliert wurde. Konkret ist erwiesen, dass die Beschuldigte die originale E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 inhaltlich wie in der Anklageschrift beschrieben dahingehend veränderte, dass sie dieser eine Passage, die eine Art Schuldanerkennung darstellt, einfügte und die inhaltlich ebenfalls veränderte E-Mail auf den 19. Dezember 2013 umdatierte. Bei dieser Umdatierung unterlief der Beschuldigten ein weiterer, entlarvender Fehler. Sinn gemacht hätte aufgrund der Gesamtumstände nämlich einzig eine (Um)Datierung auf den 19. Dezember 2012. Dieses Ergebnis wird denn auch durch die stimmigen, verständlichen und widerspruchsfreien Aussagen der Privatklägerin gestützt. Dass es der Version der Beschuldigten widerspricht, ist irrelevant, zumal die Kammer deren Aussagen wie bereits angedeutet wurde und sogleich unter Erwägung 10.4.2 hiernach aufgezeigt wird wiederum als unglaubhaft erachtet und folglich nicht darauf abstellt.
0.2.8 Aussagen der Beschuldigten
Die Beschuldigte vermochte (und vermag) keinen der hiervor erwähnten Widersprüche plausibel zu erklären. Bezugnehmend auf die Erwägung der Vorinstanz, wonach es merkwürdig anmute, dass sie Rechtsanwältin M.__ im Frühling/Sommer 2013 eine E-Mail der Privatklägerin weitergeleitet habe, die vom 19. Dezember 2013 stammen solle, lässt die Beschuldigte in der Berufungsbegründung beispielsweise ausweichend ausführen, sie sei damals mit den Streitereien völlig überfordert gewesen und habe nicht mehr gewusst, wo ihr der Kopf stehe. Sie habe Rechtsanwältin M.__ zahlreiche Korrespondenz mit der Privatklägerin zur Verwendung weitergeleitet, ohne deren Wichtigkeit vorgängig zu überprüfen (S. 6 der Berufungsbegründung; pag. 1281). Selbst wenn dem so gewesen wäre, erklärt dies noch nicht, wie im Frühling/Sommer 2013 eine E-Mail wie diejenige vom 19. Dezember 2013 vorliegen konnte.
Weiter fielen die Erklärungen der Beschuldigten betreffend die strittige E-Mail widersprüchlich und nicht selten ziemlich wirr aus. Während sie zunächst bestätigte, die E-Mail vom 19. Dezember 2013 und diejenige der Privatklägerin vom 24. April 2013 zu kennen, erklärte sie später, sie wisse nicht, ob sie die E-Mail am 19. Dezember 2013 später erhalten habe. Auf Vorhalt, dass die beiden E-Mails den absolut identischen Wortlaut enthielten, äusserte sie schliesslich, bei der E-Mail vom 19. Dezember 2013 passe das Datum eigentlich gar nicht, das sei damals ja noch gar nicht Thema gewesen. Die Beschuldigte sah somit selbst ein, dass etwas nicht aufgeht, konnte dies aber nicht plausibel erklären (zum Ganzen pag. 316 Z. 288 ff. und Z. 306 ff. sowie pag. 317 Z. 315 ff.). Ferner waren die Erklärungen der Beschuldigten teilweise schlicht lebensfremd. Es kann diesbezüglich auf die Ausführungen unter Erwägung 10.4.1 hiervor betreffend die Argumentation der Beschuldigten, weder das Passwort des E-Mail Accounts der Privatklägerin noch deren elektronische Unterschrift gehabt zu haben, verwiesen werden.
Schliesslich fällt auf, dass sich die Beschuldigte stets bemühte, sich selbst in ein bestes Licht zu stellen und anderen die Schuld zuzuweisen und sie schlecht zu machen. Den Vorwurf der Vorinstanz, «das vermeintliche unter einen falschen Briefkopf kopieren» scheine unglaubhaft, wird in der Berufungsbegründung Rechtsanwältin M.__ «in die Schuhe» geschoben, liess die Beschuldigte doch ausführen, diese Aussage stamme von Rechtsanwältin M.__ und nicht von ihr. Wenn Rechtsanwältin M.__ sie mit dieser Aussage habe in Schutz nehmen wollen, dann habe sie ihr damit insgesamt mehr geschadet als genützt (zum Ganzen S. 6 der Berufungsbegründung; pag. 1281). Auch an der Privatklägerin liess die Beschuldigte kein gutes Haar, betitelte sie diese doch als «erschöpfte Mutter», die «zu knorzen begonnen» habe (pag. 314 Z. 217 ff. und pag. 315 Z. 243 f.).
Insgesamt sind die Aussagen der Beschuldigten betreffend die E-Mail damit grösstenteils ausweichend und widersprüchlich. Ihre Erklärungen überzeugen nicht. Die Kammer erachtet die Version der Beschuldigten daher als unglaubhaft und stellt nicht darauf ab.
0.2.9 Fazit
Aus Sicht der Kammer ist nach den obigen Erwägungen erstellt, dass die Beschuldigte die originale E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 inhaltlich wie in der Anklageschrift und hiervor beschrieben wahrheitswidrig veränderte und sie auf den 19. Dezember 2013 umdatierte.
Zur Frage, ob die Beschuldigte den Vertrag mit der Rückzahlungsverpflichtung und die E-Mail im Hinblick darauf «herstellte» bzw. veränderte, die Privatklägerin einzuklagen und die Dokumente durch Rechtsanwältin M.__ als Gesuchsbeilagen der Schlichtungsbehörde resp. den Vertrag als Klagebeilage dem Regionalgericht einreichen zu lassen und das Gericht damit über den Bestand ihrer vermeintlichen Forderung gegenüber der Privatklägerin zu täuschen und zu veranlassen, gestützt auf den Vertrag ein materiell unrichtiges Urteil zum Nachteil der Privatklägerin auszufällen
Die Beschuldigte stellt sich auf den Standpunkt, sie sei sich, als sie Rechtsanwältin M.__ den Vertrag und die E-Mail zugestellt habe, nicht bewusst gewesen, dass es sich dabei um Fälschungen handle. Sie habe den Richter «sicherlich» nicht dazu bringen wollen, ein unrichtiges Urteil zu fällen. Es sei ihr einzig darum gegangen, ihr Recht durchzusetzen «und dies sicher nicht mit illegalen Mitteln» (pag. 1283).
Die Kammer schenkt diesen Ausführungen aus den nachfolgenden Gründen keinen Glauben:
Zunächst ist nach den voranstehenden Erwägungen erwiesen, dass die Beschuldigte den Vertrag und die E-Mail manipulierte. Weiter steht fest, dass sie im Tatzeitpunkt (wie übrigens auch heute noch) überzeugt war (bzw. ist), gegenüber der Privatklägerin eine Forderung zu haben (S. 8 der Berufungsbegründung; pag. 1283). Ausserdem befand sie sich im fraglichen Zeitpunkt in einer finanziell angespannten Lage (S. 4 der Berufungsbegründung; pag. 1279). Im Schlichtungsgesuch bezog sich die Beschuldigte sodann mehrmals explizit auf die Verpflichtung der Privatklägerin gemäss Vertrag sowie auf die E-Mail, in welcher die Privatklägerin ihre Verpflichtungen angeblich schriftlich bestätigt habe (pag. 138 [«Schaden aufgrund künftig nicht mehr durchgeführter Kurse»], pag. 137 [«Rückerstattung der Ausbildungskosten»] und pag. 138 [«Rechtliches [ ] Über die Rückzahlung der Ausbildungskosten besteht eine klare, schriftliche Abmachung.»]). Dasselbe tat die Beschuldigte denn auch in ihrer Klage, in der sie sich auf den fraglichen Vertrag stützte, das Verhalten der Privatklägerin als ungerechtfertigtes fristloses Zurücktreten vom Vertrag qualifizierte und daraus diverse finanzielle Verpflichtungen der Privatklägerin ableitete (pag. 63 ff.). Die von der Beschuldigten geltend gemachte Forderung und der strittige Vertrag sowie die E-Mail stehen demzufolge zweifellos in einem Zusammenhang.
Vergleicht man den Vertrag und die E-Mail miteinander, dann fällt eine gewisse «Zusammengehörigkeit» auf. Die beiden Dokumente wirken aufeinander abgestimmt. Aus Sicht der Kammer kann es kein Zufall sein, dass die Beschuldigte einen Vertrag mit einer Rückzahlungsverpflichtung produzierte, der den Anschein erwecken soll, von der Privatklägerin unterzeichnet zu sein, während sie die E-Mail, welche ebenfalls den Anschein erwecken soll, von der Privatklägerin zu stammen, ausgerechnet dahingehend abänderte, dass sie eine Art Schuldanerkennung darstellt. Hätte die Beschuldigte die E-Mail schliesslich nicht fälschlicherweise auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt, den 19. Dezember 2013, umdatiert, sondern wie wohl geplant auf den 19. Dezember 2012, dann hätten die E-Mail und der Vertrag auch datumsmässig bestens zueinander gepasst.
Demnach ist offenkundig, dass die Beschuldigte die E-Mail und den Vertrag im Hinblick darauf «produzierte», die Forderung, die sie gegenüber der Privatklägerin zu haben behauptet und aus der in Wahrheit nie vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung ableitet, im Zivilprozess zu belegen und durchzusetzen. Die Beschuldigte wollte das Gericht mit dem manipulierten Vertrag über den Bestand ihrer (unrechtmässigen) Forderung gegenüber der Privatklägerin täuschen und dazu bewegen, gestützt darauf ein materiell unrichtiges Urteil zum Nachteil der Privatklägerin auszufällen und ihr die Forderung zuzusprechen.
Eine Dritttäterschaft steht in casu wie bereits erwähnt nicht zur Diskussion.
Beweisfazit / rechtserheblicher Sachverhalt für die Kammer
Die Kammer kommt damit zum Ergebnis, dass die Beschuldigte den Vertrag vom 19. November 2012 eigenmächtig redigierte. Konkret hielt sie in diesem Vertrag die effektiv nie mündlich und/oder schriftlich vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung der Privatklägerin betreffend Ausbildungskosten fest. Sodann unterzeichnete sie diesen Vertrag und fügte mittels technischer Mittel auch die Unterschrift der Privatklägerin - notabene ohne deren Einwilligung ein. Dabei benutzte sie die echte Unterschrift der Privatklägerin auf dem befristeten Arbeitsvertrag vom 3. Februar 2012 als Vorlage.
Weiter ist erwiesen, dass die Beschuldigte die originale E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 wie in der Anklageschrift beschrieben inhaltlich abänderte, indem sie dieser insbesondere eine Passage, die eine Art Schuldanerkennung darstellt, einfügte und die E-Mail auf den 19. Dezember 2013 umdatierte, wobei wohl eine Datierung auf den 19. Dezember 2012 beabsichtigt war.
Schliesslich ist die Kammer nach den voranstehenden Erwägungen überzeugt, dass die Beschuldigte den Vertrag und die E-Mail manipulierte, um ihre nicht existente Forderung gegenüber der Privatklägerin im Zivilprozess zu belegen und durchzusetzen. Es ist erstellt, dass die Beschuldigte Rechtsanwältin M.__ im Mai/Juni 2013 die von ihr manipulierten Dokumente zustellte, damit diese die Dokumente als Gesuchsbeilage der Schlichtungsbehörde und den Vertrag als Klagebeilage dem Regionalgericht einreichte. Die Beschuldigte wollte das Gericht damit über den Bestand der ihrerseits gegenüber der Privatklägerin zu Unrecht geltend gemachten Forderung von CHF 52‘803.90 zuzüglich Zins täuschen und es dazu veranlassen, ihr gestützt auf die manipulierten Dokumente die unrechtmässige Forderung zuzusprechen und ein materiell unrichtiges Urteil zu Lasten der Privatklägerin auszufällen.
III. Rechtliche Würdigung
Urkundenfälschung (mehrfach)
Theoretische Grundlagen
Nach Art. 251 Ziff. 1 aStGB (zur Terminologie aStGB vgl. die Erwägungen 14 und 18.4 hiernach) macht sich der Urkundenfälschung schuldig, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen an anderen Rechten zu schädigen sich einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht verfälscht, die echte Unterschrift das echte Handzeichen eines anderen zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt, eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet beurkunden lässt eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht.
Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bildund Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient (Art. 110 Abs. 4 aStGB). Eine Urkunde erfüllt drei Funktionen. Zum einen verkörpert sie als Schrift, Zeichen Aufzeichnung auf Bild Datenträger eine Gedankenerklärung (sog. Perpetuierungsfunktion). Zum anderen lässt sie den Aussteller als Garanten der Erklärung erkennen (sog. personale Garantiefunktion) und schliesslich erfüllt sie, was sich aus der Beweiseignung und Beweisbestimmung ergibt, eine Beweisfunktion (zum Ganzen Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 1 zu Art. 110 Abs. 4). Eine E-Mail ist eine elektronisch gespeicherte Information, die als solche in codierter Form vorliegt und nicht direkt lesbar ist. Nichts desto trotz kommt grundsätzlich bereits einer noch nicht ausgedruckten E-Mail Urkundencharakter zu (sog. Computerurkunde). Wird die E-Mail schliesslich beim Empfänger ausgedruckt, werden ihre Daten sichtbar gemacht und die ausgedruckte E-Mail stellt, sofern der Aussteller erkennbar ist, spätestens jetzt auf jeden Fall eine Urkunde dar (zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_130/2012 vom 22. Oktober 2012 E. 5.3 und 5.4 mit Hinweis auf BGE 116 IV 343 E. 3).
Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 StGB umfasst drei Tatbestandsvarianten: die Urkundenfälschung im engeren Sinn, die Blankettfälschung als Anwendungsfall der Urkundenfälschung im engeren Sinn und die Falschbeurkundung. Als Urkundenfälschung im engeren Sinn («eine Urkunde fälscht verfälscht») gilt die Herstellung einer unechten Urkunde (Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 1 f. zu Art. 251).
Eine Urkunde ist falsch gefälscht, wenn sie den Anschein erweckt, sie rühre von einem anderen als ihrem tatsächlichen Urheber her, d.h., wenn der aus der Urkunde ersichtliche Aussteller nicht mit dem aus ihr ersichtlichen Aussteller übereinstimmt (Identitätstäuschung). Wirklicher Aussteller einer Urkunde ist derjenige, dem sie im Rechtsverkehr als von ihm autorisierte Erklärung zugerechnet wird. Gemäss der insoweit vorherrschenden sogenannten «Geistigkeitstheorie» ist dies derjenige, auf dessen Willen die Urkunde nach Existenz und Inhalt zurückgeht. Wenn sich der erkennbare Aussteller die in der Urkunde verkörperte Erklärung nicht mehr als die seine zurechnen lassen muss, dann ist die Urkunde unecht (zum Ganzen BGE 137 IV 167 E. 2.3.1; Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 3 zu Art. 251 mit Hinweisen).
Idealtypisch für das Fälschen einer Urkunde ist die Nachahmung einer fremden Unterschrift auch das Einscannen der Unterschrift einer Drittperson von einem anderen Dokument. Wer somit die echte Unterschrift einer Drittperson verwendet, um mit den Mitteln des Computers, des Scanners und danach des Druckers eine Urkunde zu erstellen, die den Eindruck erwecken soll, die fragliche Drittperson habe dieses Dokument tatsächlich unterschrieben, der täuscht vor, die Urkunde stamme von einer Person, von der sie in Wirklichkeit nicht stammt und begeht somit eine Urkundenfälschung. Dasselbe gilt, wenn der wirkliche Aussteller neben seiner Unterschrift diejenige eines anderen als Mitunterzeichnender hinzufügt. Ein Schriftstück, das mit einem Computer und Drucker unter Verwendung eines selbst verfassten Textes sowie einer daruntergesetzten, vermutlich eingescannter fremden Unterschrift produziert wird, gilt als scheinbare Originalerklärung (zum Ganzen BGE 137 IV 167 E. 2.4; Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 9 zu Art. 251; Trechsel/Erni, in: Praxiskommentar, 3. A. 2018, N 3 zu Art. 251).
Verfälschen ist das Abändern einer echten unechten Urkunde, wahren unwahren Urkunde, so dass sie nicht mehr der ursprünglichen Erklärung des Aussteller entspricht (Trechsel/Erni, in: Praxiskommentar, 3. A. 2018, N 4 zu Art. 251). Konkret besteht das Verfälschen im eigenmächtigen Abändern einer von einem anderen hergestellten Urkunde, wodurch der Anschein erweckt wird, der ursprüngliche Aussteller habe der Urkunde einen neuen Inhalt gegeben. Die Inhaltsveränderung kann durch Ergänzen, Verändern durch Beseitigen von Teilen der bisherigen Erklärung erfolgen, wenn dadurch ein anderer urkundlicher Inhalt entsteht. Die «neue» Erklärung entspricht damit nicht mehr dem ursprünglichen Erklärungsinhalt des Ausstellers und es entsteht der Anschein, der ursprüngliche Aussteller habe ihr diesen Inhalt gegeben. Weil somit der Aussteller der abgeänderten Urkunde und der aus ihr selbst ersichtliche nicht identisch sind, ist die Urkunde unecht. Insofern stellt das Verfälschen ein Spezialfall des Herstellens einer unechten Urkunde dar (zum Ganzen Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 46 f. zu Art. 251 mit Hinweisen).
Wer eine E-Mail einer Drittperson inhaltlich abändert und nach der Manipulation weiterleitet, erfüllt ohne weiteres den Tatbestand der Urkundenfälschung, soweit die abgeänderte, weitergeleitete E-Mail ihren Adressaten erreicht. Der Täter setzt dadurch nämlich einen Prozess in Gang, der die Speicherung der Datenurkunde zur Folge hat. Die Erkennbarkeit des Ausstellers ergibt sich hier, wenn nicht bereits aus der Absenderadresse, aus dem Inhalt der E-Mail. Die Beständigkeit und Beweisfunktion der Erklärung ergibt sich aus der Zustellung und Speicherung der E-Mail auf dem E-Mail Account des Empfängers, auf welchen nur mittels Passwort zugegriffen werden kann. Ausserdem ergeben sich die Beweiseignung und Beweisbestimmung auch aus dem Umstand, dass E-Mails im regulären Geschäftsverkehr weit verbreitet sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob die fragliche E-Mail eine elektronische Signatur des Absenders enthält nicht (zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_130/2012 vom 22. Oktober 2012 E. 5.4).
Subjektiv wird hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale Vorsatz verlangt, wobei Eventualvorsatz genügt. Dem Täter muss im Sinne einer Laienbewertung bewusst sein, dass es sich beim Tatobjekt um eine Urkunde handelt (statt vieler BGE 138 IV 130 E. 3.2.1; Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 181 zu Art. 251). Zudem muss der Täter in der Absicht handeln, jemanden am Vermögen an andern Rechten zu schädigen sich einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (Schädigungsoder Vorteilsabsicht). Unrechtmässig ist die Vorteilsverschaffung dann, wenn entweder das verfolgte Ziel die Mittel der Täuschung unzulässig sind, ohne dass der Täter genau wissen muss, worin der Vorteil liegt. Schliesslich muss sich die erstrebte Schädigung bzw. der Vorteil nach der Absicht des Täters gerade aus dem Gebrauch der unechten bzw. unwahren Urkunde ergeben. Der subjektive Tatbestand erfordert somit eine Täuschungsabsicht, d.h. der Täter muss die Urkunde im Rechtsverkehr als echt bzw. als wahr verwenden (lassen) wollen und die Täuschung muss auf die Hervorrufung einer falschen Vorstellung über die Echtheit Wahrheit der Urkunde gerichtet sein (zum Ganzen statt vieler BGE 138 IV 130 E. 3.2.4; BGE 141 IV 369 E. 7.4; Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 182 und N 185 ff. zu Art. 251).
Subsumtion betreffend den Vertrag
Der in casu strittige Vertrag stellt eine klassische Urkunde dar. Die Beschuldigte verwendete die echte Unterschrift der Privatklägerin ab dem befristeten Arbeitsvertrag vom 3. Februar 2012 und fügte diese mit technischen Mitteln insbesondere des Computers, eventuell des Scanners und danach des Druckers auf dem strittigen Vertrag ein. Sie stellte damit eine Urkunde her, die den täuschenden Eindruck erwecken sollte, die Privatklägerin habe den Vertrag, inkl. insbesondere die Rückzahlungsverpflichtung betreffend Ausbildungs-/Kurskosten, selber unterzeichnet bzw. dieser Rückzahlungsverpflichtung zugestimmt. Der objektive Tatbestand der Urkundenfälschung ist damit erfüllt.
Der Beschuldigten ging es offensichtlich darum, eine echte Urkunde mit einer originalen Unterschrift vorzutäuschen. Nachdem sie den gefälschten Vertrag produziert hatte, stellte sie diesen ihrer damaligen Anwältin zu, damit diese ihn als Gesuchsbzw. Klagebeilage der Schlichtungsbehörde bzw. dem Regionalgericht einreichte. Damit beabsichtigte sie, die Behörde bzw. das Gericht über den Bestand ihrer angeblichen Forderung gegenüber der Privatklägerin zu täuschen und das Gericht zu veranlassen, gestützt auf den gefälschten Vertrag ein materiell unrichtiges Urteil zu Lasten der Privatklägerin auszufällen und ihr eine unrechtmässige Forderung zuzusprechen. Die Beschuldigte handelte mithin sowohl mit Täuschungsals auch mit Schädigungsund Vorteilsabsicht. Ferner steht in diesem Kontext ausser Frage, dass die Beschuldigte den Vertrag wissentlich und willentlich fälschte und zumindest im Sinne einer Laienwertung wusste, dass es sich beim Vertrag um eine Urkunde handelt. Der subjektive Tatbestand der Urkundenfälschung ist damit ebenfalls erfüllt.
Es sind weder Rechtfertigungsnoch Schuldausschlussgründe ersichtlich.
Subsumtion betreffend die E-Mail
Die Beschuldigte veränderte die originale E-Mail der Privatklägerin vom 24. April 2013 dahingehend, dass sie den effektiv von der Privatklägerin geschriebenen Satz («Vorletschti Nacht hani de chli Rueh ka u ha über di ganzi Arbeitssituation nachedänkt.») verwendete und den zweiten, ursprünglich von der Privatklägerin verfassten Teil durch die von ihr (der Beschuldigten) ausformulierte Passage: «Und ja, s isch mir klar, das i aui die Kurse u d Uusbildige mue zrüggzahle, we si nid vollumfänglich cha erfülle, über das hei mir mängisch gredt. De tueni dir im verhäutnis das zrügggeh, söttis so wiit cho, was i dir schuldig bi. keis thema!» ersetzte und die E-Mail auf den 19. Dezember 2013 umdatierte. Damit transformierte die Beschuldigte die ursprüngliche E-Mail der Privatklägerin gewissermassen in eine Art Schuldanerkennung. Sie handelte dabei in der Absicht, die Schlichtungsbehörde und später das Regionalgericht über den Bestand der von ihr gegenüber der Privatklägerin zu Unrecht geltend gemachten Forderung zu täuschen und zu veranlassen, ihr insbesondere gestützt auf diese gefälschte E-Mail die unrechtmässige Forderung zuzusprechen und ein materiell unrichtiges Urteil auszufällen. Die Beschuldigte wollte sich mit ihrer Vorgehensweise mithin einen unrechtmässigen Vermögensvorteil verschaffen. Sie handelte direktvorsätzlich und es war ihr bewusst, dass es sich bei der eingereichten, gefälschten E-Mail um eine Urkunde handelt. Der subjektive Tatbestand von Art. 251 Ziff. 1 aStGB ist damit ebenfalls erfüllt.
Rechtfertigungsund Schuldausschlussgründe sind nicht ersichtlich.
Fazit
Die Beschuldigte hat sich damit der Urkundenfälschung, mehrfach begangen in der Zeit zwischen dem 23. April 2013 und dem 26. Juli 2013 in G.__ und H.__ schuldig gemacht. Der erstinstanzliche Schuldspruch ist entsprechend zu bestätigen.
Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass die Beschuldigte in casu zunächst unechte Urkunden herstellte und diese sodann gebrauchte. Der Gebrauch des Falsifikats stellt eine straflose Nachtat dar, jedenfalls dann, wenn der spätere Gebrauch wie im vorliegenden Fall erwiesenermassen schon bei den Fälschungshandlungen vom ursprünglichen Täterplan umfasst war (statt vieler BGE 120 IV 122 E. 5c/cc; Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 182 und N 220 zu Art. 251).
Betrugsversuch
Theoretische Grundlagen
Nach Art. 146 Abs. 1 aStGB macht sich schuldig, wer in der Absicht, sich einen anderen unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst einen anderen am Vermögen schädigt. Führt der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende tritt der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht ein kann dieser nicht eintreten, liegt im Sinne von Art. 22 Abs. 1 aStGB ein strafbarer Versuch vor.
Betreffend die theoretischen Grundlagen zum Betrugsversuch wird vollumfänglich auf die korrekten vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen (S. 23 f. der Urteilsbegründung; pag. 1066 f.):
Auch der sogenannte Prozessbetrug fällt unter den allgemeinen Betrugstatbestand. Als Prozessbetrug gilt die arglistige Täuschung des urteilenden Richters durch unwahre Tatsachenbehauptungen der Prozessparteien, die darauf abzielen, ihn zu einem das Vermögen einer Prozesspartei Dritter schädigenden Entscheid zu bestimmen. Des Betrugs macht sich daher schuldig, wer den Tatbestand durch Irreführung des Gerichts begeht (BGE 122 IV 197 E. 2).
Als Täuschung gilt jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, bei einem andern eine von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung hervorzurufen, sei es durch die Mittel der mündlichen und schriftlichen Sprache, durch Gesten durch konkludentes Verhalten. Täuschung muss sich auf Tatsachen der Vergangenheit Gegenwart beziehen. Weiter verlangt der Tatbestand Arglist, weil nur geschützt werden soll, wer eine gewisse Diligenz walten lässt (Trechsel/Crameri, Praxiskomm., 3. Auflage 2018, Art. 146 N 2 und 6 f.). Arglist ist gegeben, wenn der Täter ein ganzen Lügengebäude errichtet sich besonderer Machenschaften und Kniffe bedient, aber auch dann wenn er bloss falsche Angaben macht deren Überprüfung nicht nur mit besonderer Mühe möglich nicht zumutbar ist sowie dann, wenn er den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält, nach den Umständen voraussieht, dass jener die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (Stratenwerth/Jenny/Bommer, Schweizerisches Strafrecht BT I, 7. Auflage 2010, § 15 N 20). Das Bundesgericht hat die Formel entwickelt, dass zwar das Kriterium der Überprüfbarkeit auch bei Lügengebilden und besonderen Machenschaften von Bedeutung ist, dass jedoch „grundsätzlich“ Arglist vorliege, wenn der Täter mit gefälschten Urkunden operiere, da im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich auf Echtheit von Urkunden vertraut werden darf. Anders kann es sein, wenn sich den vorgelegten Urkunden selbst ernsthafte Anhaltspunkte für deren Unechtheit ergeben (BSK IIArzt, 3. Auflage 2013, Art. 146 N 65). Als besondere Machenschaften gelten Erfindungen und Vorkehrungen sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein gestützt durch Lügen und Kniffe geeignet sind, das Opfer irrezuführen es in einem Irrtum zu bestärken. Diesen Sachverhalt erfüllt insbesondre das Vorlegen rechtwidrig erlangter gefälschter Urkunde Belege. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen; sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung. Sie kennzeichnen sich durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche intellektuelle Komplexität. Der Richter muss beim Prozessbetrug bei der Beurteilung der Arglist der konkreten Prozesssituation und Verfahrensart im Rahmen der zur Arglist entwickelten Kriterien Rechnung tragen (BGE 122 IV 197 E. 3).
Nach der Rechtsprechung liegt Versuch vor, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandselemente erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat, ohne dass jedoch alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind; die subjektiven Tatbestandsmerkmale müssen vollständig erfüllt sein, in erster Linie der Vorsatz, wobei Eventualvorsatz genügt; ferner müssen die weiteren subjektiven Merkmale gegeben sein, wobei die objektiven Tatbestandsmerkmale ganz teilweise ausbleiben können. Versuchter Betrug im weiten Sinne liegt also vor, wenn der vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht handelnde Täter die Ausführung der Tat begonnen und so seine Entschlossenheit bekundet hat, die Straftat zu begehen, auch wenn die objektiven Tatbestandsmerkmale ganz teilweise ausbleiben. Allgemein muss sich der Vorsatz auf die Gesamtheit der konstitutiven Tatbestandselemente beziehen. In dieser Hinsicht ist entscheidend, dass der Täter mit der Vorstellung handelte, die Merkmale seien erfüllt (BGE 122 IV 246 E. 3a in: Praxis 1997 Nr. 27). Ein strafbarer Versuch des Betrugs liegt nur vor, wenn die Absicht des Täters sich auf eine arglistige Täuschung bezieht, folglich auf ein Verhalten, das sich objektiv als arglistig erweist. Daraus darf nicht gefolgert werde, jede Täuschung, die misslinge, sei notwendigerweise nicht arglistig. Abgesehen vom Misslingen der Täuschung ist es wichtig zu prüfen, ob die beabsichtigte Täuschung leicht als solche erkennbar schien in Anbetracht der Schutzmöglichkeiten, über die das Opfer verfügte und von denen der Täter Kenntnis hatte. Anders gesagt, es muss im Rahmen einer hypothetischen Prüfung bestimmt werden, ob der vom Täter ausgearbeitete Plan objektiv arglistig war. Wenn er dies war und wenn die Täuschung misslingt, sei es, weil das Opfer aufmerksamer klüger war, als der Täter es sich vorstellte, sei es durch Zufall durch eine andern nicht vorhersehbaren Umstand, dann ist auf Versuch der arglistigen Täuschung zu erkennen (BGE 128 IV 18 E. 3b in: Praxis 2002 Nr. 60).
Ergänzend ist festzuhalten, dass beim Betrug die Schwelle zwischen Vorbereitung und Versuch überschritten ist, sobald der Täter mit der Täuschung beginnt (Maeder/Niggli, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 283 zu Art. 146).
Subsumtion
Es ist offensichtlich, dass in casu nicht sämtliche objektiven Tatbestandselemente des Betrugs erfüllt sind bzw. dass der Erfolg ausblieb. Nachfolgend ist mithin zu prüfen, ob sich die Beschuldigte wegen Betrugsversuchs schuldig gemacht hat.
Nach den obigen Erwägungen steht fest, dass die Beschuldigte den Vertrag über die Rückzahlungsverpflichtung sowie die E-Mail, welche eine Art Schuldanerkennung der Privatklägerin darstellt, fälschte. Weiter ist erwiesen, dass sie diese beiden gefälschten Dokumente, die den Anschein erwecken sollten, von der Privatklägerin unterzeichnet bzw. verfasst worden zu sein, ihrer damaligen Anwältin, Rechtsanwältin M.__, weiterleitete, damit diese sie im Zivilprozess gegen die Privatklägerin als Gesuchsbeilagen der Schlichtungsbehörde und den Vertrag als Klagebeilage dem Regionalgericht einreichte. Mit der Zustellung der gefälschten Dokumente an Rechtsanwältin M.__ resp. spätestens mit der Einreichung des gefälschten Vertrages durch Rechtsanwältin M.__ beim Regionalgericht, begann die Beschuldigte mit der Täuschung und überschritt damit die Schwelle zwischen Vorbereitung und Versuch. Die Beschuldigte wollte das Gericht mit dieser Vorgehensweise offensichtlich in die Irre führen und über den Bestand der ihrerseits gegenüber der Privatklägerin zu Unrecht geltend gemachten Forderung von CHF 52‘803.90 nebst Zins bzw. über das Vorhandensein einer vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung der Privatklägerin (= eine vergangene Tatsache) täuschen.
Der von der Beschuldigten ausgearbeitete Tatplan, zunächst zielorientiert falsche, ihre Behauptung untermauernde, Beweismittel zu produzieren und diese resp. den Vertrag sodann durch ihre Anwältin dem Regionalgericht einzureichen, um bei diesem eine nicht der Wirklichkeit entsprechende Vorstellung hervorzurufen und es zur Ausfällung eines materiell unrichtigen Urteils zu veranlassen, erweist sich objektiv betrachtet als arglistig. Mit der Einreichung des gefälschten Vertrages wollte die Beschuldigte ihre Behauptung, die Privatklägerin sei aufgrund einer Vertragsverletzung zur Rückzahlung der Kurskosten verpflichtet, glaubwürdig erscheinen lassen. Durch die Vorlage einer gefälschten Urkunde zwecks Irreführung bediente sie sich «besonderer Machenschaften». Es ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, dass es sich beim eingereichten Vertrag um eine Fälschung handelt. Daher ist ungewiss, ob die Echtheit des Vertrages im Rahmen des ordentlichen Zivilprozesses in Frage gestellt worden wäre.
Durch die mehrfach beschriebene Vorgehensweise manifestierte die Beschuldigte eindeutig, dass sie dazu entschlossen war, das Gericht mittels des gefälschten Vertrages über den Bestand der ihrerseits zu Unrecht geltend gemachten Forderung zu täuschen und es dazu zu veranlassen, gestützt auf die durch den gefälschten Vertrag hervorgerufene irrige Vorstellung ein materiell unrichtiges Urteil zu Lasten der Privatklägerin auszufällen. Mit anderen Worten wollte sich die Beschuldigte durch die Produktion und Übergabe des gefälschten Vertrages an Rechtsanwältin M.__ sowie die Einreichung desselben beim Regionalgericht einen unrechtmässigen Vermögensvorteil zum Nachteil der Privatklägerin verschaffen. Zwischen dem Schaden und der Bereicherung hätte sofern die Tat planmässig vollendet worden wäre - Stoffgleichheit bestanden.
Die Beschuldigte handelte direktvorsätzlich und nach dem Ausgeführten in Bereicherungsabsicht.
Rechtfertigungsund Schuldausschlussgründe liegen keine vor.
Damit hat sich die Beschuldigte wegen versuchten Betrugs, begangen am 29. Januar 2014 in G.__ und H.__, schuldig gemacht. Der erstinstanzliche Schuldspruch ist zu bestätigen.
Fazit / Konkurrenzen
Vorliegend erfolgen somit Schuldsprüche wegen mehrfacher Urkundenfälschung und wegen versuchten Betrugs. Aufgrund der Verschiedenheit der Rechtsgüter besteht zwischen Betrug und Urkundenfälschung echte Konkurrenz (statt vieler BGE 129 IV 53 E. 3 und 3.6; BGE 71 IV 205 E. 3).
IV. Strafzumessung
Vorbemerkungen zum anwendbaren Recht
Am 1. Januar 2018 sind die revidierten Bestimmungen des allgemeinen Teils des StGB in Kraft getreten. Hat der Täter ein Verbrechen Vergehen vor Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuches begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB das neue Gesetz anzuwenden, wenn dieses für ihn das mildere ist. Der Vergleich der Schwere verschiedener Strafnormen ist nach der sog. konkreten Methode vorzunehmen, wonach sich umfassende Beurteilungen des Sachverhalts nach altem und nach neuem Recht gegenüberzustellen sind. Anzuwenden ist in Bezug auf ein und dieselbe Tat nur entweder das alte das neue Recht. Eine kombinierte Anwendung der beiden Rechte ist ausgeschlossen (BGE 134 IV 82, S. 88, E. 6.2.1 und 6.2.3). Ausschlaggebend ist, nach welchem der beiden Rechte der Täter für die gerade zu beurteilende Tat besser wegkommt (vgl. zum Ganzen Trechsel/Vest, in. Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar StGB, 3. Aufl. 2018, N. 11 zu Art. 2 StGB mit Hinweisen; Donatsch, Schweizerisches Strafgesetzbuch, 19. Aufl. 2013, N. 10 sowie BGE 126 IV 5 S. 8 je mit Hinweisen). Der Gesetzesvergleich hat sich ausschliesslich nach objektiven Gesichtspunkten zu richten (BGE 134 IV 82, E. 6.2.2).
Die Beschuldigte hat sämtliche der zur Diskussion stehenden Taten vor Inkrafttreten des Strafgesetzbuches in der Fassung vom 1. Januar 2018 begangen, die Beurteilung erfolgt aber erst nachher. Ob die Fassung vom 1. Januar 2018 für die Beschuldigte die mildere ist, hängt in casu von der Bemessung der Einsatzstrafe ab. Es lässt sich somit nicht bereits an dieser Stelle feststellen, ob vorliegend «altes» «neues» Recht anwendbar ist. Die Thematik muss im Rahmen der Strafzumessung für die Einsatzstrafe erneut aufgegriffen werden (vgl. konkret die Ausführungen unter Erwägung 18.4 hiernach).
Grundsätze der Strafzumessung
Betreffend die theoretischen Grundlagen der Strafzumessung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen (S. 47 f. der Urteilsbegründung; pag. 1090 f.).
Retrospektive Konkurrenz
Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so hat es eine Zusatzstrafe auszusprechen. Es bestimmt die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären (Art. 19 Abs. 2 aStGB). Diese Bestimmung will im Wesentlichen das in Art. 49 Abs. 1 StGB verankerte Asperationsprinzip auch bei retrospektiver Konkurrenz gewährleisten (BGE 141 IV 61 E. 6.1.2.; 138 IV 113 E. 3.4.1 mit Hinweis). Die Bildung einer Gesamtstrafe ist nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (BGE 144 IV 217).
Um bei der Zusatzstrafenbildung dem Prinzip der Strafschärfung gemäss Art. 49 Abs. 2 aStGB Rechnung zu tragen, hat das Zweitgericht die rechtskräftige Grundstrafe und die von ihm für die neu zu beurteilenden Taten auszusprechenden Strafen nach den Grundsätzen von Art. 49 Abs. 1 aStGB zu schärfen. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Grundstrafe die neu zu beurteilenden Delikte die schwerste Straftat enthalten. Im ersten Fall ist die Grundstrafe aufgrund der Einzelstrafen der neu zu beurteilenden Delikte angemessen zu erhöhen. Anschliessend ist von der (gedanklich) gebildeten Gesamtstrafe die Grundstrafe abzuziehen, was die Zusatzstrafe ergibt. Liegt umgekehrt der Einzeloder Gesamtstrafe der neu zu beurteilenden Taten die schwerste Straftat zugrunde, ist diese um die Grundstrafe angemessen zu erhöhen. Die infolge Asperation eintretende Reduzierung der rechtskräftigen Grundstrafe ist von der Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte abzuziehen und ergibt die Zusatzstrafe. Bilden die Grundstrafe und die Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte ihrerseits Gesamtstrafen, kann das Zweitgericht der bereits im Rahmen der jeweiligen Gesamtstrafenbildung erfolgten Asperation durch eine gemässigte Berücksichtigung bei der Zusatzstrafenbildung Rechnung tragen (BGE 142 IV 265 E. 2.4.4).
Im Falle retrospektiver Konkurrenz ist das Zweitgericht nicht befugt, ein rechtskräftiges Urteil bzw. eine seiner Ansicht nach zu milde zu harte Grundstrafe über die auszufällende Zusatzstrafe zu korrigieren, womit sich eine Strafzumessung in Bezug auf das rechtskräftig abgeurteilte Delikt erübrigt (vgl. BGE 142 IV 265 E. 2.4.2).
Methodik im vorliegenden Fall, Strafrahmen und schwerstes Delikt
Gegen die Beschuldigte besteht eine vorliegend relevante Vorstrafe, welche bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist. Sie wurde von der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus am 4. Mai 2017 wegen einer Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz (Führen eines Personenwagens trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Führerausweises [SVG; SR 741.01]) zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu CHF 30.00 sowie zu einer (Verbindungs-)busse von CHF 300.00 verurteilt, wobei die Probezeit auf zwei Jahre festgelegt wurde (pag. 1274). Die im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Delikte beging die Beschuldigte in den Jahren 2013 und 2014, d.h. vor der Verurteilung vom 4. Mai 2017. Die Kammer hat somit eine Zusatzstrafe zum bereits in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 4. Mai 2017 auszufällen.
Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Grundstrafe die neu zu beurteilenden Delikte die schwerste Straftat enthalten. Im Urteil vom 4. Mai 2017 wurde eine Widerhandlung gegen das SVG beurteilt, welche mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft wird (Art. 95 Abs. 1 Bst. b SVG; pag. 1274). Neu zu beurteilen sind die Schuldsprüche wegen mehrfacher Urkundenfälschung, versuchten Betrugs, mehrfacher übler Nachrede und mehrfach versuchter Nötigung. Für die Urkundenfälschung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe vor (Art. 251 Ziff. 1 aStGB). Betrug wird ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 146 Abs. 1 aStGB). Art. 181 aStGB bedroht die Nötigung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe. Die üble Nachrede wird schliesslich mit Geldstrafe bestraft (Art. 173 Ziff. 1 aStGB). Die abstrakt höchsten Strafandrohungen liegen im vorliegenden Fall somit bei der Urkundenfälschung und dem Betrug. Wie die Vorinstanz erachtet auch die Kammer den versuchten Betrug als das vorliegend verschuldensmässig am schwersten wiegende Delikt, zumal die Urkundenfälschungen insbesondere im Hinblick auf diesen Betrug begangen wurden.
Der versuchte Betrug ist damit der für die neu zu beurteilenden Taten auszufällenden Gesamtstrafe zugrunde zu legen. Im Sinne einer Nebenbemerkung wird festgehalten, dass die allgemeinen Täterkomponenten vorliegend bereits bei der Festlegung der Einsatzstrafe berücksichtigt werden, zumal keine deliktsspezifischen Täterkomponenten vorliegen. Nach der Festlegung der Einsatzstrafe sind in einem weiteren Schritt die Strafen für die übrigen neu zu beurteilenden Delikte (mehrfache Urkundenfälschung, mehrfache üble Nachrede und mehrfach versuchte Nötigung) festzusetzen und die Einsatzstrafe ist angemessen zu erhöhen. Schliesslich ist die Gesamtstrafe der neu zu beurteilenden Delikte um die Grundstrafe aus der Verurteilung vom 4. Mai 2017 angemessen zu erhöhen. Die infolge Asperation eintretende Reduzierung der rechtskräftigen Grundstrafe ist sodann von der Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte abzuziehen und ergibt letztlich die Zusatzstrafe.
Strafzumessung für die Einsatzstrafe (Betrugsversuch)
Objektive Tatkomponenten
In Bezug auf den Schuldspruch wegen versuchten Betrugs ist strafzumessenderweise vom vollendeten Delikt auszugehen. Die VBRS-Richtlinien sehen für einen vollendeten Betrug mit einem Deliktsbetrag von CHF 20‘000.00 ein Strafmass von 120 Strafeinheiten vor (S. 47). Vorliegend steht ein mehr als doppelt so hoher Deliktsbetrag (CHF 52‘803.90) im Raum, was sich klar verschuldenserhöhend auswirkt.
Erhöhend ins Gewicht fällt auch die perfide Vorgehensweise. Die Beschuldigte fälschte einen Vertrag und reichte diesen dem Regionalgericht ein. Sie produzierte die Fälschung des Vertrages (sowie diejenige der E-Mail) im Hinblick auf einen Zivilprozess. Sie wollte das Gericht über den Bestand einer unrechtmässigen Forderung täuschen und es dazu verleiten, ein materiell unrichtiges Urteil zu Lasten einer Drittperson, der Privatklägerin, auszufällen. Die Beschuldigte legte damit eine nicht unerhebliche kriminelle Energie an den Tag. Ihr Verhalten zeugt von einem sorgfältig geplanten, berechnenden Vorgehen. Der Handlungsunwert wirkt sich demnach ebenfalls verschuldenserhöhend aus.
Insgesamt ist, obwohl das Verhalten der Beschuldigten nicht verharmlost werden darf, in Relation zum Strafrahmen objektiv immer noch von einem leichten Verschulden auszugehen.
Subjektive Tatkomponenten
Die Beschuldigte handelte direktvorsätzlich und aus rein egoistischen Beweggründen. Es ging ihr einzig darum, sich zu Lasten der Privatklägerin unrechtmässig finanziell zu bereichern. Beides ist jedoch tatbestandsimmanent und daher neutral zu gewichten.
Die Beschuldigte hätte sich ohne weiteres gesetzeskonform verhalten können. Ausserdem hätte sie ihre finanziell nicht gerade rosige Situation mit der Ausübung einer ganz normalen Erwerbstätigkeit verbessern können.
Die subjektiven Tatkomponenten wirken sich zusammengefasst neutral aus.
Versuch
Gestützt auf die Tatkomponenten erachtet die Kammer für das vollendete Delikt eine Sanktion von 240 Strafeinheiten als angemessen. Vorliegend blieb es beim Versuch, wobei die Beschuldigte nahezu alles unternommen hatte, um zum Erfolg zu gelangen. Das Ausbleiben des Erfolgs ist aus heutiger Sicht einzig darauf zurückzuführen, dass die Privatklägerin die Beschuldigte anzeigte, worauf der Zivilprozess sistiert wurde (vgl. Akten des Zivilverfahrens CIV 14 294). Es rechtfertigt sich vor diesem Hintergrund nur eine Reduktion um 30 auf 210 Strafeinheiten.
Fazit Tatkomponenten / anwendbares Recht
Zusammengefasst erachtet die Kammer gestützt auf die Tatkomponenten eine Einsatzstrafe von 210 Strafeinheiten als angemessen.
Seit dem Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen des allgemeinen Teils des StGB am 1. Januar 2018 beträgt die Geldstrafe höchstens 180 Tagessätze (vgl. Art. 34 Abs. 1 StGB). Bei Anwendung des neuen Rechts käme aufgrund der Bemessung der vorliegenden Einsatzstrafe (210 Strafeinheiten) als Sanktion somit ausschliesslich eine Freiheitsstrafe (von mithin 7 Monaten) in Frage. Wird demgegenüber altes Recht angewendet, kann auch bei einer Sanktion von 210 Strafeinheiten noch eine Geldstrafe ausgesprochen werden. Die Fassung des Strafgesetzbuches vom 1. Januar 2018 ist für die Beschuldigte damit nicht die mildere, weshalb in Anwendung von Art. 2 Abs. 2 StGB altes Recht (aStGB) anzuwenden ist.
In casu rechtfertigt sich - nicht nur wegen des Verschlechterungsverbots einzig die Ausfällung einer Gesamtgeldstrafe.
Täterkomponenten
Betreffend die allgemeinen Täterkomponenten kann vorab auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (S. 50 f. der Urteilsbegründung; pag. 1093 f.):
Über das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse der Beschuldigten ist nicht allzu viel bekannt und sie sind als neutral zu bewerten. Anlässlich der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme führte sie aus, sie sei derzeit im 8. Monat schwanger und arbeite nicht. Sie habe bis zu ihrem Arbeitsunterbruch ca. CHF 3‘000.00 (brutto) pro Monat verdient. Sie lebe in einer Partnerschaft, habe aber keine Unterstützungspflichten. Weiter verfüge sie weder über grösseres Vermögen Schulden (Bd. I pag. 322 Z. 517 ff.). Die Beschuldigte weist einige nicht einschlägige Vorstrafen (Verkehrsregelverletzungen) auf. Aus dem Strafregisterauszug ist jedoch weiter ersichtlich, dass sich die Strafverfolgungsbehörden weiterhin mit der Beschuldigten zu beschäftigen hatten, wobei diesbezüglich noch keine Urteile vorliegen (Bd. III pag. 786 f. und pag. 827 f.). Das Verhalten im Strafverfahren und nach der Tat ist ebenfalls als neutral zu betrachten. Die Beschuldigte verhielt sich grundsätzlich anständig und schien anlässlich der Einvernahmen kooperativ gewesen zu sein. Eine besondere Strafempfindlichkeit liegt nicht vor. Es bleibt somit bei einer Strafe von 240 Strafeinheiten.
Ergänzend ist zu den nicht einschlägigen Vorstrafen festzuhalten, dass sie über sieben und neun Jahre zurückliegen, weshalb es sich noch gerade rechtfertigt, dieselben nicht straferhöhend, sondern neutral zu berücksichtigen. Dass gegen die Beschuldigte derzeit mehrere andere Strafuntersuchungen laufen, darf ihr wie die Vorinstanz zu Recht erwog - nicht angelastet werden. Schliesslich ist zu den Täterkomponenten festzuhalten, dass sich die Beschuldigte im ganzen Verfahren weder reuig noch einsichtig zeigte. Dies ist allerdings ihr gutes Recht und ebenfalls neutral zu werten.
Gesamthaft wirken sich die Täterkomponenten somit neutral auf die Strafe aus.
Fazit Einsatzstrafe (Berücksichtigung Tatund Täterkomponenten)
Gestützt auf diese Erwägungen erachtet die Kammer für den Schuldspruch wegen versuchten Betrugs unter Berücksichtigung der Tatund Täterkomponenten eine Einsatzstrafe von 210 Tagessätzen Geldstrafe als gerechtfertigt.
Asperation für die restlichen neu zu beurteilenden Delikte
Urkundenfälschung (mehrfach)
0.0.1 Objektive Tatkomponenten
Geschütztes Rechtsgut von Art. 251 aStGB ist das Vertrauen, welches einer Urkunde im Rechtsverkehr als Beweismittel entgegengebracht wird (Boog, in: Basler Kommentar Strafrecht, 4. A. 2019, N 5 zu vor Art. 251).
Die VBRS-Richtlinien sehen beim Tatbestand der Urkundenfälschung eine Strafe von 30 Strafeinheiten vor, bei folgendem Referenzsachverhalt (S. 50): «Der Täter unterzeichnet einen Autoleasingvertrag mit einem falschen Namen, weil er selber mit vielen Betreibungen verzeichnet ist.»
Vorliegend fälschte die Beschuldigte einerseits einen Arbeitsvertrag, indem sie in diesem insbesondere eine Rückzahlungsverpflichtung betreffend Kurskosten stipulierte, ihn selbst unterzeichnete sowie die Unterschrift der Privatklägerin mittels technischer Mittel (Kopieren, Scannen, Drucken) einfügte. Andererseits veränderte die Beschuldigte eine von der Privatklägerin erhaltene E-Mail, indem sie dieser eine Passage einfügte, die einer Art Schuldanerkennung darstellt und die inhaltlich veränderte E-Mail sodann umdatierte. Die Kammer erachtet die Fälschung des Vertrages wie die Vorinstanz als aufwändiger und komplizierter als die vergleichsweise eher simple Fälschung der E-Mail.
Die Beschuldigte visierte mit den beiden Fälschungen einen unrechtmässigen finanziellen Vorteil in der Höhe von immerhin CHF 52‘803.90 zuzüglich Zins an. Sie beabsichtigte, das Gericht mittels des gefälschten Vertrages über den Bestand der ihrerseits gegenüber der Privatklägerin zu Unrecht geltend gemachten Forderung zu täuschen. Bei der Privatklägerin handelt es sich um die ehemalige Arbeitskollegin der Beschuldigten. Die beiden pflegten zumindest bis im Frühjahr 2013, als die Privatklägerin der Beschuldigten eröffnete, sie wolle aufgrund ihrer «nervlichen» Situation und der Geburt ihres zweiten Kindes inskünftig nicht mehr für sie arbeiten, eine kollegiale Beziehung. Vor diesem Hintergrund erweist sich das Verhalten der Beschuldigten als dreist und rücksichtslos.
Beim gefälschten Vertrag wiegt die objektive Tatschwere im Vergleich zum Referenzsachverhalt gravierender. Unter Berücksichtigung des Strafrahmens erachtet die Kammer das objektive Tatverschulden ohne es zu bagatellisieren allerdings immer noch als leicht. Sie veranschlagt für dieses Delikt gestützt auf die objektiven Tatkomponenten in Übereinstimmung mit der Vorinstanz eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen.
Bei der Fälschung der E-Mail geht die Kammer von einem leichten objektiven Tatverschulden aus. Während diese Fälschung im Vergleich zu derjenigen im Referenzsachverhalt weniger aufwändig bzw. einfacher gewesen sein dürfte, ist der mit der Fälschung der E-Mail avisierte Vorteil grösser als derjenige im Referenzsachverhalt. Insgesamt erachtet die Kammer in Bezug auf die E-Mail entsprechend der VBRS-Richtlinien eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen als dem objektiven Tatverschulden der Beschuldigten angemessen.
0.0.2 Subjektive Tatkomponenten
Die Beschuldigte handelte in Bezug auf beide vorliegend zu beurteilenden Fälschungen mit direktem Vorsatz und in Bereicherungsabsicht. Sie verfolgte mit anderen Worten rein egoistische Ziele, was sich aber neutral auswirkt. Die Handlungen der Beschuldigten waren ohne weiteres vermeidbar, sie hätte sich problemlos rechtskonform verhalten können.
Die subjektive Tatschwere wirkt sich damit sowohl in Bezug auf die Fälschung des Vertrages als auch hinsichtlich der Fälschung der E-Mail neutral aus.
0.0.3 Täterkomponenten
Betreffend die Täterkomponenten kann auf die Ausführungen unter Erwägung 18.5 hiervor verwiesen werden.
0.0.4 Fazit
Bei neutralen subjektiven Tatkomponenten und unter Berücksichtigung der sich ebenfalls neutral auf die Strafe auswirkenden Täterkomponenten bleibt es für die Fälschung des Vertrages bei der von der Kammer für das objektive Tatverschulden veranschlagten Geldstrafe von 50 Tagessätzen und für die Fälschung der E-Mail bei der gestützt auf das objektive Tatverschulden ausgefällten Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs der Urkundenfälschungen zum Schuldspruch wegen versuchten Betrugs rechtfertigt sich ausnahmsweise eine Asperation mit Faktor ½. Für den Schuldspruch wegen der Vertragsfälschung werden damit 25 Tagessätze asperiert. Für die Fälschung der E-Mail werden im Rahmen der Asperation 15 Tagessätze berücksichtigt.
Üble Nachrede (mehrfach)
Die Vorinstanz erwog bezüglich der Asperation für den Schuldspruch wegen mehrfacher übler Nachrede Folgendes (S. 50 der Urteilsbegründung; pag. 1093):
Zur üblen Nachrede ist festzuhalten, dass die Beschuldigte mehrere die Ehre angreifende Tatsachen per E-Mail an den Vorgesetzten des Geschädigten und eine E-Mail mit einer ehrverletzenden Tatsache an den Vater des Geschädigten schickte. Die von der Beschuldigten gemachten unwahren Vorwürfe sind doch relativ massiv und schwerwiegend. Zwischen der Beschuldigten und dem Geschädigten steht eine gescheitere Beziehung, was aber die erhobenen Vorwürfe nicht rechtfertigt. Auch der durch die Beschuldigte angegebene Grund, dass sie damit das ihr angeblich geschuldete Geld zurückerhalten wollte, ist nicht stichhaltig und rechtfertigt die Verbreitung solcher Tatsachen keinesfalls. Das Gericht geht davon aus, dass die Beschuldigte damit die ehrverletzenden Äusserungen aus nahezu nichtigen Gründen machte. Die Beschuldigte handelte zumindest eventualvorsätzlich und aus egoistischen Beweggründen. Wie bereits ausgeführt wurde, geht das Gericht davon aus, dass sich die Beschuldigte aus nahezu nichtigem Anlass so verhielt. Der Beschuldigten wäre es ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, sich in der damaligen Situation korrekt zu verhalten. Die in den VBRS-Richtlinien vorgesehene Referenzstrafe ist daher aufgrund der mehreren und massiven Vorwürfen zu erhöhen. Das Gericht erachtet für beide Delikte eine Strafe von 80 Strafeinheiten (einzeln je 50) als angemessen. Die Einsatzstrafe wird um weitere 60 Strafeinheiten auf 240 Strafeinheiten erhöht.
In casu blieb der erstinstanzliche Schuldspruch wegen dieser Delikte unangefochten (vgl. Erwägung 4 hiervor). Die Beschuldigte beanstandet die Strafzumessung der Vorinstanz betreffend diese Schuldsprüche nicht (S. 9 der Berufungsbegründung; pag. 1284). Die allgemeinen Täterkomponenten wirken sich im vorliegenden Fall wie unter Erwägung 18.5 hiervor ausgeführt neutral aus. Die Kammer sieht keinen Grund, von den durch die Vorinstanz für die einzelnen Delikte veranschlagten je 50 Tagessätzen abzuweichen. Es leuchtet hingegen nicht ein, weshalb die Vorinstanz in einem ersten Schritt gewissermassen diese beiden Delikte «zusammen» asperierte (aus je 50 TS wurden für beide Delikte zusammen total 80 TS) und diese «asperierte Strafe» in einem zweiten Schritt noch zur Einsatzstrafe asperierte (von den 80 TS wurden im Rahmen der Asperation schlussendlich 60 TS berücksichtigt). Die Kammer berücksichtigt die beiden Vorfälle im Rahmen der Asperation mit je 30 Tagessätzen und kommt damit letztendlich wieder auf dasselbe Ergebnis wie die Vorinstanz, die für beide Delikte zusammen ebenfalls insgesamt 60 Tagessätze asperierte.
Versuchte Nötigung (mehrfach)
Hinsichtlich des Schuldspruchs wegen mehrfacher versuchter Nötigung erwog die Vorinstanz im Rahmen der Strafzumessung was folgt (S. 50 der Urteilsbegründung; pag. 1093):
Beim Tatbestand der Nötigung sind das Mass der Einschränkung der Freiheit zur Willensbildung und zur Handlung sowie die Intensität des Mittels massgebend. Das Gericht beurteilt den durch die Beschuldigte ausgeübten Druck auf die beiden Geschädigten und das angewendete Mittel als eher leicht. Die Einschränkung der Freiheit der Willensbildung ist indessen aufgrund des Versuchsstadiums nicht eingetreten. Die Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz und aus egoistischen Beweggründen (finanzielle Aspekte). Das Gericht erachtet den Sachverhalt insgesamt als deutlich weniger schwerwiegend, als den in den VBRS-Richtlinien angegebene Referenzsachverhalt (S. 49 VBRS-Richtlinien) und reduziert daher die darin empfohlenen 120 Strafeinheiten auf je 45 Strafeinheiten. Für die beiden Nötigungsdelikte erachtet das Gericht sodann eine Strafe von 70 Strafeinheiten als angemessen.
In beiden Fällen ist der Erfolg nicht eingetreten, es blieb damit beim Versuch. Diese Tatsache wird strafmindernd berücksichtigt, was zu einer Reduktion auf neu 40 Strafeinheiten führt. Die festgesetzte Einsatzstrafe wird schliesslich durch Asperation von 30 Strafeinheiten auf 180 Strafeinheiten erhöht.
Auch der Schuldspruch wegen mehrfacher versuchter Nötigung erwuchs vorliegend in Rechtskraft und die entsprechende vorinstanzliche Sanktionierung blieb von der Beschuldigten unangefochten (vgl. Erwägung 4 hiervor und S. 8 f. der Berufungsbegründung; pag. 1283 f.)
Das Vorgehen der Vorinstanz ist nicht korrekt. Wiederum erfolgte eine mehrfache Asperation. Die Kammer kann der Vorinstanz zwar insoweit folgen, als diese die beiden Vorfälle als weniger schwerwiegend als denjenigen gemäss Referenzsachverhalt erachtete und für die beiden Vorfälle strafzumessenderweise von vollendeten Delikten ausgehend auf je 45 Tagessätze veranschlagte. Ohne Berücksichtigung, dass der Erfolg in casu ausblieb, resultiert aus Sicht der Kammer für die Nötigungsdelikte damit insgesamt eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Weil beide Vorfälle im Versuchsstadium endeten, wird eine Strafmilderung im Umfang von rund 10 % gewährt, woraus sich für diese beiden Delikte bei isolierter Betrachtung eine Strafe von je 40 Tagessätzen resp. von insgesamt 80 Tagessätzen ergibt. Weshalb die Vorinstanz die beiden Delikte im Rahmen der Asperation folglich nur mit total 30 Tagessätzen berücksichtigte, was einem Asperationsfaktor von weniger als ½ entspricht, ist nicht nachvollziehbar. Aus Sicht der Kammer müssen für die Schuldsprüche wegen versuchter Nötigung je 25 Tagessätze bzw. insgesamt 50 Tagessätze asperierenderweise berücksichtigt werden.
Asperation der Grundstrafe
Mit Urteil vom 4. Mai 2017 verurteilte die Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus die Beschuldigte wegen einer Widerhandlung gegen das SVG (Führen eines Personenwagens trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Führerausweises) zu einer (bedingten) Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu CHF 30.00 sowie zu einer (Verbindungs-)busse von CHF 300.00 (pag. 1274). Diese Geldstrafe ist im Rahmen der Asperation im Umfang von 6 Tagessätzen zu berücksichtigen.
Zusatzstrafenbildung
Damit ergibt sich eine hypothetische Gesamtgeldstrafe von 366 Tagessätzen. Die infolge Asperation eintretende Reduzierung der rechtskräftigen Grundstrafe (4 Tagessätze) ist von der Strafe für die neu beurteilten Delikte (360 Tagessätze) abzuziehen, womit eine vorläufige Zusatzstrafe von 356 Tagessätzen Geldstrafe resultiert.
Beschleunigungsgebot
Jede Person hat in Verfahren vor Gerichtsund Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, das Strafverfahren beförderlich zu führen, um die beschuldigte Person nicht unnötig über die gegen sie erhobenen Vorwürfe im Ungewissen zu lassen. Welche Verfahrensdauer angemessen ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, diese sind in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Kriterien für die Angemessenheit der Verfahrensdauer im Rahmen des Strafverfahrens sind etwa die Schwere des Tatvorwurfs, die Komplexität des Sachverhalts, die dadurch gebotenen Untersuchungshandlungen, das Verhalten des Beschuldigten und dasjenige der Behörden sowie die Zumutbarkeit für den Beschuldigten (Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 1. Aufl., N 270).
Eine Verletzung des prozessualen Beschleunigungsgebotes beansprucht neben Art. 48 Bst. e StGB selbständige Bedeutung. Sie ist im Rahmen von Art. 47 StGB strafmindernd zu berücksichtigen (Trechsel/Thommen in: Trechsel/Pieth (Hrsg.), Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 3. Aufl., N 24 zu Art. 48).
Im vorliegenden Fall benötigte die Vorinstanz ein Jahr und zwei Monate, um die schriftliche Urteilsbegründung (54 Seiten) zu erstellen. Auch wenn der Aktenumfang nicht gerade als gering bezeichnet werden kann, lässt sich dies insbesondere angesichts der fehlenden Komplexität der einzelnen Sachverhalte und der rechtlichen Würdigung nicht rechtfertigen. Nach Auffassung der Kammer ist eine derartige Verzögerung für eine beschuldigte Person unzumutbar. Entsprechend bejaht die Kammer eine Verletzung des Beschleunigungsgebots. Diesem Umstand ist mit einer Strafreduktion Rechnung zu tragen. In Würdigung der Gesamtumstände resultiert indessen kein Abzug, der 120 Tagessätze überschreiten würde. Folglich ist weil die Kammer wie unter Erwägung 4 bereits erwähnt an das Verschlechterungsverbot (Art. 391 Abs. 2 StPO) gebunden ist - die von der Vorinstanz ausgesprochene Geldstrafe von 235 Tagessätzen zu bestätigen.
Tagessatzhöhe
Im Weiteren ist auch die von der Vorinstanz auf CHF 30.00 festgesetzte Tagessatzhöhe zu bestätigen (S. 51 der Urteilsbegründung; pag. 1094). In ihrer Berufungsbegründung machte die Beschuldigte geltend, Sozialhilfeempfängerin zu sein (S. 9 der Berufungsbegründung; pag. 1284). Inwiefern sich an ihren finanziellen Verhältnissen seit dem erstinstanzlichen Urteilszeitpunkt etwas verändert haben sollte, ist nicht ersichtlich.
Strafvollzug und Widerruf
Die Vorinstanz gewährte der Beschuldigten mit Blick auf ihre Legalprognose zwar nicht den voll bedingten, aber immerhin den teilbedingten Strafvollzug. Im Sinne der «Mischrechnungspraxis» verzichtete sie auf den Widerruf der mit Urteil vom 7. August 2012 von der Staatsanwaltschaft Zofingen - Kulm gewährten bedingten Vollzug der Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 40.00.
Vorliegend erwuchs dieser in erster Instanz erfolgte Verzicht auf den Widerruf in Rechtskraft (vgl. Erwägung 4 hiervor). Folglich kann daran nichts geändert werden. Weiter ist die Kammer wie bereits mehrfach erwähnt an das Verschlechterungsverbot gebunden, weshalb sie der Beschuldigten auch zumindest den teilbedingten Strafvollzug gewähren muss. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, insbesondere dass die Beschuldigte wegen vier Tatbeständen verurteilt wird, bereits mehrfach (zwar nicht einschlägig) vorbestraft ist und zurzeit mehrere Strafuntersuchungen gegen sie laufen, ergeben sich Bedenken an ihrer Legalbewährung. Diese sind zwar noch nicht derart erheblich, als dass sie eine eigentliche Schlechtprognose zu begründen vermöchten, jedoch können sie angesichts der doch eher zweifelhaften Belehrbarkeit der Beschuldigten auch nicht völlig unberücksichtigt gelassen werden. Aus Sicht der Kammer kann der Beschuldigten aus diesen Gründen nicht mehr ein voll bedingter Strafvollzug gewährt werden. Die Kammer schliesst sich den nachfolgend zitierten, zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz integral an (S. 52 f. der Urteilsbegründung; pag. 1095 f.):
Das Gericht kann den Vollzug einer Geldstrafe teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen und eine vollumfänglich unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 43 Abs. 1 StGB). Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte der Strafe nicht überschreiten (Art. 43 Abs. 2 StGB). Der teilbedingte Strafvollzug ist auf alle Geldstrafen anwendbar. Das Gesetz nennt keine Unteroder Obergrenze des Geldbetrages, so dass eine teilbedingte Strafe immer möglich ist. Im Unterschied zu einer bedingten Geldstrafe ist die Sanktion sofort wirksam und damit kann auche in Ersttäter trotz günstiger Prognose mit einer seinem Verschulden angepassten und direkt spürbaren Sanktion bestraft werden. Das gilt beispielsweise für Täter, die durch die besondere Verwerflichkeit ihres Handelns durch die besondere Schwere der Verletzung des betroffenen Rechtsguts Vergeltungsbedürfnisse geweckt haben. Ergeben sich insbesondere aus früherer Verurteilungen ganz erhebliche Bedenken an der Legalbewährung des Täters, die bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände eine eigentliche Schelchtprognose noch nicht zu begründen vermögen, so kann das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe teilweise aufschieben. Voraussetzung für den Teilaufschub ist, dass der Aufschub wenigstens eines Teils der Strafe auf spezialpräventiver Sicht erfordert, dass der andere Teil unbedingt ausgesprochen wird (BSK StGB I-Schneider/Garré, 3. Auflage 2013, Art. 43 N 4).
Ein (voll-)bedingter Strafvollzug ist von der Höhe der vorliegend auf 235 Tagessätze festgelegten Geldstrafe möglich. Eine günstige Prognose wird grundsätzlich vermutet. Im vorliegenden Fall ist jedoch festzuhalten, dass die Beschuldigte bereits drei Mal zu einer bedingten bzw. teilbedingten Geldstrafe verurteilt wurde (vgl. Bd. III pag. 827 f. und pag. 964 ff.). Auch wenn diese (Geld-)Strafen aus nicht einschlägigen Delikten (SVG Delikte) rühren, liegen sie doch teilweise zeitlich nahe an den vorliegend zu beurteilenden Straftaten. Das Gericht kann dies daher nicht völlig unberücksichtigt lassen. Mit Blick auf die im Urteilszeitpunkt hängigen Strafverfahren gegen die Beschuldigte bleibt die Legalprognose der Beschuldigten eher ungewiss. Das Gericht hat erhebliche Zweifel an der Belehrbarkeit der Beschuldigten und an der Warnwirkung eines Urteils auf diese. Daher erachtet es unter Würdigung der gesamtem Umstände als angemessen und erforderlich, die vorliegende Geldstrafe teilbedingt auszusprechen.
Bei der Bemessung des aufgeschobenen bzw. zu vollziehenden Strafteils ist das Verschulden zu beachten, dem in genügender Weise Rechnung zu tragen ist (Art. 43 Abs. 1 StGB). Das Gericht erachtet es daher als angemessen 100 Tagessätze der Geldstrafe zu vollziehen und 135 Tagessätze aufzuschieben. Die Probezeit für den bedingten Teil der Strafe wird auf 3 Jahre festgesetzt.
Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht gemäss Art. 46 Abs. 1 StGB die bedingte Strafe den bedingten Teil der Strafe. Zu beurteilen war somit vorliegend auch der Widerruf der mit Urteil vom 07.08.2012 von der Staatsanwaltschaft Zofingen - Kulm gewährten bedingten Geldstrafe im Umfang von 20 Tagessätzten zu CHF 40.00. Im Sinne der Mischpraxis verzichtet das Gericht vorliegend auf den Widerruf.
Fazit
Aufgrund dieser Erwägungen ist die vorinstanzlich ausgefällte Strafe zu bestätigen und die Beschuldigte zu einer Geldstrafe von 235 Tagessätzen zu CHF 30.00, ausmachend total CHF 7‘050.00, zu verurteilen, dies als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus vom 4. Mai 2017. Davon sind 100 Tagessätze zu bezahlen und für 135 Tagessätze wird der Vollzug aufgeschoben. Die Probezeit wird auf 3 Jahre festgesetzt.
V. Kosten und Entschädigung
1. Verfahrenskosten
In erster Instanz
Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO).
In casu wird die Beschuldigte obwohl in erster Instanz zwei Freisprüche erfolgten verurteilt. Für die Freisprüche wurden erstinstanzlich ¼ der gesamten Verfahrenskosten, ausmachend insgesamt CHF 2‘990.50, zu Lasten des Kantons Bern ausgeschieden. Die auf die Schuldsprüche entfallenden Verfahrenskosten im Umfang von ¾, ausmachend insgesamt CHF 8‘971.50, wurden der Beschuldigten auferlegt. Diese Kostenregelung sowie die Höhe der erstinstanzlich festgesetzten Verfahrenskosten sind nicht zu beanstanden. Die Beschuldigte hat die auf die Schuldsprüche entfallenden erstinstanzlichen Gerichtskosten, sich belaufend auf CHF 8‘971.50 (exkl. amtlicher Entschädigung), zu tragen.
In oberer Instanz
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens bzw. Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Kosten werden für das oberinstanzliche Verfahren auf CHF 2‘000.00 festgelegt (Art. 24 Abs. 1 Bst. a des Verfahrenskostendekrets [VKD; BSG 161.12]).
Vorliegend ist die Beschuldigte oberinstanzlich mit ihren Anträgen vollumfänglich unterlegen. Entsprechend hat sie die gesamten oberinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 2‘000.00 zu bezahlen.
Entschädigungen
Amtliche Entschädigung
1.0.1 Theoretische Grundlagen
Zu den Verfahrenskosten gehören grundsätzlich auch die Kosten der amtlichen Verteidigung (Art. 422 Abs. 2 Bst. a StPO). Diese werden von der Kammer jedoch praxisgemäss separat ausgewiesen.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 des Kantonalen Anwaltsgesetzes (KAG; BSG 168.11) bezahlt der Kanton den amtlich bestellten Anwälten eine angemessene Entschädigung, die sich nach dem gebotenen Zeitaufwand bemisst und höchstens dem Honorar gemäss der Tarifordnung für den Parteikostenersatz (Art. 41 KAG) entspricht. Bei der Festsetzung des gebotenen Zeitaufwands sind die Bedeutung der Streitsache und die Schwierigkeit des Prozesses zu berücksichtigen. Auszugehen ist vom Zeitaufwand, den ein fachlich ausgewiesener, gewissenhafter Anwalt unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse und des Aktenumfangs für die korrekte Erledigung des Geschäftes benötigt. Auslagen und Mehrwertsteuer, sofern der Anwalt mehrwertsteuerpflichtig ist, werden zusätzlich entschädigt. Im Rechtsmittelverfahren in Strafsachen, welchem Urteile eines Einzelgerichts zu Grunde liegen, erstreckt sich der Honorarrahmen von CHF 500.00 bis maximal CHF 25‘000.00 (Art. 17 Abs. 1 Bst. f i.V.m. Bst. b PKV). Der Stundenansatz für die Entschädigung der amtlich bestellten Anwälte beträgt im Kanton Bern CHF 200.00 (Art. 1 der Verordnung über die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte [EAV; BSG 168.711]).
1.0.2 In erster Instanz
Bei diesem Ausgang des Verfahrens untersteht die Beschuldigte betreffend Schuldsprüche für die erstinstanzlichen Aufwendungen von Fürsprecherin B.__ der gesetzlichen Rückund Nachzahlungspflicht (Art. 135 Abs. 4 StPO). Die amtliche Entschädigung von Fürsprecherin B.__ für das erstinstanzliche Verfahren ist zu bestätigen. Folglich hat die Beschuldigte dem Kanton Bern die in erster Instanz für die amtliche Verteidigung der Beschuldigten an Fürsprecherin B.__ ausgerichtete Entschädigung von CHF 13‘785.50 zurückzuzahlen und Fürsprecherin B.__ die Differenz zwischen dem amtlichen und dem vollen Honorar von CHF 3‘321.00 zu erstatten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
1.0.3 In oberer Instanz
Mit Kostennote vom 12. November 2018 (pag. 1286) macht Fürsprecherin B.__ für die amtliche Verteidigung der Beschuldigten im oberinstanzlichen Verfahren einen Aufwand von 20 Stunden sowie Auslagen von CHF 150.00 geltend. Das beantragte Honorar bewegt sich innerhalb des Tarifrahmens von Art. 17 Abs. 1 Bst. f i.V.m. Bst. b PKV. Es erscheint der Kammer mit Blick auf den gebotenen Zeitaufwand, die Bedeutung der Streitsache und die Schwierigkeit des Prozesses an der oberen Grenze, aber noch gerade als angemessen.
Fürsprecherin B.__ wird damit durch den Kanton Bern für die amtliche Verteidigung der Beschuldigten im oberinstanzlichen Verfahren für einen Aufwand von 20 Stunden und Auslagen in der Höhe von total CHF 150.00, zuzüglich Mehrwertsteuer, mit insgesamt CHF 4‘469.55 entschädigt. Zufolge ihres Unterliegens hat die Beschuldigte dem Kanton Bern - unter den Voraussetzungen von Art. 135 Abs. 4 StPO - die Fürsprecherin B.__ ausgerichtete Entschädigung zurückzuzahlen und Fürsprecherin B.__ die Differenz zwischen amtlichem und vollem Honorar (CHF 1‘077.00) nachzuzahlen.
Entschädigung für die Privatklägerin
Die von der Vorinstanz zugunsten der privat vertretenen Privatklägerin verfügte Entschädigung von CHF 13‘792.20 für die Aufwendungen im erstinstanzlichen Verfahren ist bei diesem Verfahrensausgang zu bestätigen (Art. 433 Abs. 1 Bst. a StPO).
Die Entschädigung der Privatklägerin für ihre Aufwendungen im Berufungsverfahren wird entsprechend der von Fürsprecher D.__ eingereichten Kostennote vom 10. Dezember 2018 (pag. 1312 f.), die zu keinen Beanstandungen Anlass gibt, auf CHF 3‘680.20 festgesetzt.
VI. Verfügungen
Hinsichtlich der zu treffenden Verfügungen wird auf das Dispositiv verwiesen.
VII. Dispositiv
Die 2. Strafkammer erkennt:
I.
Es wird festgestellt, dass das Abwesenheitsurteil des Regionalgerichts Oberland vom 16. Mai 2017 insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als:
1. A.__ freigesprochen wurde:
1.1 von der Anschuldigung des Diebstahls, angeblich begangen zwischen dem 14. Oktober 2012 und dem 6. Dezember 2012 in E.__, zum Nachteil von F.__,
1.2 von der Anschuldigung des Vergehens gegen das Jagdgesetz, angeblich begangen am 4. Februar 2014 und zuvor,
unter Auferlegung der anteilsmässigen Verfahrenskosten, sich zusammensetztend aus Gebühren von CHF 2‘925.00 (Gericht CHF 825.00 und Staatsanwaltschaft CHF 2‘100.00), Auslagen von CHF 65’50 (Gericht CHF 53.00 und Staatsanwaltschaft 12.50), insgesamt bestimmt auf CHF 2‘990.50, an den Kanton Bern, sowie
unter Ausrichtung einer Entschädigung von CHF 4‘595.10 (inkl. MWST und Auslagen) an Fürsprecherin B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__.
2. A.__ schuldig erklärt wurde:
2.1 der üblen Nachrede, mehrfach begangen am 18. Januar 2014 und am 2. März 2014 in I.__ und H.__, zum Nachteil von F.__, sowie
2.2 der Nötigung, versucht mehrfach begangen am 18. Januar 2014 und am 2. März 2014 in I.__ und H.__, zum Nachteil von F.__ und K.__.
3. Der A.__ mit Urteil der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm vom 7. August 2012 für eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 40.00 gewährte bedingte Vollzug nicht widerrufen und A.__ für das Widerrufsverfahren Verfahrenskosten von CHF 300.00 auferlegt wurden.
4. Verfügt wurde, dass A.__ folgende Gegenstände nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückgegeben werden:
• 1 iPhone 4S weiss, inkl. Ladekabel und Netzstecker
• 1 USB Stick
II.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. der Urkundenfälschung, mehrfach begangen in der Zeit zwischen dem 23. April 2013 und dem 26. Juli 2013 in G.__ und H.__,
2. des Betrugs (Versuch), begangen am 29. Januar 2014 in G.__ und H.__,
und gestützt darauf sowie gestützt auf die rechtskräftigen Schuldsprüche gemäss Ziff. I.2 hiervor in Anwendung der Artikel
22, 34, 43, 47, 49 Abs. 1 und 2, 146 Abs. 1, 173 Ziff. 1, 181 und 251 Ziff. 1 aStGB
426 Abs. 1, 428 Abs. 1 und 3 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Geldstrafe von 235 Tagessätzen zu CHF 30.00, ausmachend total CHF 7‘050.00, als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus vom 4. Mai 2017.
Davon sind 100 Tagessätze zu vollziehen. Für eine Teilstrafe von 135 Tagessätzen wird der Vollzug aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.
2. Zur Bezahlung der auf die Schuldsprüche entfallenden erstinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 8‘971.50.
3. Zur Bezahlung der oberinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 2‘000.00.
4. Zur Bezahlung einer Entschädigung von CHF 13‘792.20 an die Strafund Zivilklägerin C.__ für ihre Aufwendungen im erstinstanzlichen Verfahren.
5. Zur Bezahlung einer Entschädigung von CHF 3‘680.20 an die Strafund Zivilklägerin C.__ für ihre Aufwendungen im oberinstanzlichen Verfahren.
III.
1. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigerin von A.__, Fürsprecherin B.__, wird für das erstinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Fürsprecherin B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ im erstinstanzlichen Verfahren mit CHF 13‘785.50.
A.__ hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichtete amtliche Entschädigung zurückzuzahlen und Fürsprecherin B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 3‘321.00, zu erstatten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
2. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigerin von A.__, Fürsprecherin B.__, wird für das oberinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Fürsprecherin B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ im oberinstanzlichen Verfahren mit CHF 4‘469.55.
A.__ hat dem Kanton Bern die für das oberinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung zurückzuzahlen und Fürsprecherin B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 1‘077.00, zu erstatten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
IV.
Zu eröffnen:
• der Beschuldigten/Berufungsführerin, a.v.d. Fürsprecherin B.__
• der Strafund Zivilklägerin, v.d. Fürsprecher D.__
• der Generalstaatsanwaltschaft
Mitzuteilen:
• der Vorinstanz
• der Koordinationsstelle Strafregister (nur Dispositiv; nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
Bern, 12. September 2019
Im Namen der 2. Strafkammer
Der Präsident i.V.:
Oberrichter Aebi
Die Gerichtsschreiberin:
von Teufenstein
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung der schriftlichen Begründung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen seit Eröffnung bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Adresse: Viale Stefano Franscini 7, 6500 Bellinzona) schriftlich und begründet Beschwerde führen (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO).